Moso: Reiche Ernte für die Bambus- Experten aus den Niederlanden

Die Firma Moso mit Hauptsitz Zwaag in den Niederlanden beschäftigt sich seit ihrer Gründung 1997 ausschließlich mit Bambusprodukten. Mit großem technischen Know-how wurden immer neue Produktkategorien entwickelt – von Bodenbelägen bis hin zu tragenden Bauteilen. Im Gespräch mit dem baustoffPARTNER erläutert der u. a. für das DACH-Gebiet verantwortliche Vertriebsleiter Michael van Houten, was Bambus so einzigartig macht und wie vielfältig das Material einsetzbar ist.

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Bei Reisen nach China haben einige Freunde aus den Niederlanden in den 1990er-Jahren Bambusparkett entdeckt. Mit der 1997 gegründeten Firma Moso wurde das Parkett zunächst als reines Handelsprodukt nach Europa importiert. Die schwankende Produktqualität führte bei Moso schnell zu einem Umdenken, wie Michael van Houten erläutert. Es musste in technische Fachleute in China investiert werden. »Diese Entscheidung ist wohl ein Hauptgrund für unseren heutigen Erfolg«, zeigt sich Michael van Houten überzeugt. »Wir sind als Moso zu 100 Prozent ausgerichtet auf Bambus und sind sehr tief in die Produktionen integriert.« Sehr früh hat Moso mit Ingenieuren in China zusammengearbeitet und bereits 2002 das ­Joint-venture DMVP gegründet. Heute betreibt ­Moso dort zwei Niederlassungen mit etwa 25 Mitarbeitern, die verschiedene Bambusproduktionen für die Moso Bambusprodukte überwachen.

Es gibt weltweit über 1 500 Bambusarten – Moso verwendet ausschließlich einen in chinesischen Urwäldern wachsenden Riesenbambus mit einer Wandstärke  von 1,5 bis 2 cm. Dieses auch Moso-Bambus genannte Gras gab dem niederländischen Unternehmen schließlich seinen Namen. Aus dem Bambus werden Streifen geschnitten, die dann in einer Presse mit Leim zu einem Produkt weiterverarbeitet werden. So war es zumindest bis 2006 – da entwickelte ­Moso mit ­»Density« ein neues Verfahren, bei dem die Bambusstreifen erst gequetscht, dann mit Harzleim versehen und anschließend unter hohem Druck verdichtet werden. »Die hochverdichteten Bambusprodukte haben bessere Eigenschaften als die besten Tropenhölzer«, so Michael van ­Houten – sie sind extrem hart und stabil und haben eine geringe Neigung zum Verzug. Zu dieser Zeit stellte Moso ­ausschließlich ­Indoor-Produkte wie Parkettböden, Furniere, Platten für den Möbelbereich oder Wand- und Deckenverkleidungen her.

Der Schritt in den Outdoor-Markt

2006 begannen erste Lieferanten damit, Terrassendielen aus Bambus auf den Markt zu bringen. »Wir bei Moso haben das damals abgelehnt, weil Bambus als Gras einen hohen Zuckeranteil enthält und deswegen einen Nährboden für Schimmel und Pilze bietet«, so Michael van Houten. »Aber als führendes Unternehmen in der Bambusproduktion mussten wir uns mit dem Outdoorbereich beschäftigen.« Nach intensiver Forschung stellte das Unternehmen 2009 mit »Bamboo X-treme« das erste zertifizierte Produkt für den Terrassenbereich vor. Das Zuckerproblem löste Moso durch eine extreme Erhitzung der Bambusstränge, durch die dem Rohstoff Feuchtigkeit und Zucker entzogen wird. Aus ­»Density« wurde »Thermo-­Density«, also die Kombination aus Verdichtung und thermischer Behandlung.


Es dauerte einige Jahre, bis »Bamboo ­X-treme« breite Akzeptanz fand – ­Moso musste erst Überzeugungsarbeit für sein Produkt leisten. Das ist längst ­Geschichte – mit einem Anteil von 60 Prozent am Gesamtumsatz ist der Outdoorbereich längst das wichtigste Segment bei Moso. Neben den Terrassendielen, die in einer Vielzahl an Größen und Profilierungen angeboten werden, hat sich auch das Fassadengeschäft immer stärker entwickelt: »Hier sehen wir noch großes Potenzial«, so Vertriebsleiter Michael van Houten. Nicht zuletzt dank der hohen Brandschutzklassifizierung (B-s1-d0) hat sich »Bamboo X-treme« auch im Fassadenbereich als attraktive Alternative zu den herkömmlichen Baustoffen etabliert. Weitere Einsatzmöglichkeiten von »Bamboo X-treme« sind Sichtschutzelemente wie Steckzäune oder auch Outdoormöbel.

Neben qualitativen Kriterien wie Stabilität, Härte oder einer hohen Brandschutzklassifizierung haben die Moso-­Produkte einen einzigartigen Vorteil, wie Michael van Houten erläutert: »Bambus ist ein extrem schnell wachsendes Gras, das bei der Ernte nicht abgetötet wird, sondern das Wachstum sogar stimuliert. Und: Bambus kann bereits nach fünf Jahren geerntet werden.« Zum Vergleich: Eichenbäume benötigen 140 Jahre, bis sie erntereif sind, Tropenhölzer oft noch länger. Das bedeutet: Die sechs bis sieben Mio Hektar großen Bambuswälder in China stellen für ­Moso eine praktisch unerschöpfliche und zugleich nachhaltige Ressource dar.

Moso konnte gerade in den letzten Jahren große Umsatzzuwächse verzeichnen, 2021 war bislang das Rekordjahr in der Unternehmensgeschichte. »Und wir wissen jetzt schon, dass wir das in 2022 noch einmal toppen werden«, so Michael van­ ­Houten. In Deutschland, dem mit Frankreich stärksten Einzelmarkt von ­Moso, konnte der Umsatz in den letzten fünf Jahren sogar verdoppelt werden. Der Vertriebsleiter führt die hohe Nachfrage vor allem darauf zurück, dass Bambus immer mehr als Ersatz für Tropenhölzer, Eiche oder andere endliche Baustoffe wie Kunststoff oder Metalle Verwendung findet. »Neben dem Outdoorbereich verzeichnen wir auch eine wachsende Nachfrage im Bereich Parkett und beim Plattenmaterial«, so van Houten. Zwar habe man auch unter den Lieferengpässen durch die Hafenschließungen in China gelitten und Verzögerungen von bis zu zwölf Wochen hinnehmen müssen. »Aber aktuell sind unsere Lager voll und wir können das komplette Sortiment ausliefern.« Im Schnitt kommen für Moso am Tag bis zu vier Container mit Bambus produkten am Hafen von Rotterdam an.

Abgesehen von Corona und den Lieferengpässen musste Moso noch einen weiteren Schlag verkraften: Aus ungeklärten Ursachen brannten im Frühjahr 2020 das Bürogebäude sowie die ­angrenzende ­Logistikhalle am Stammsitz in Zwaag ­vollkommen ab. In der Zwischenzeit ist man in andere Büros ausgewichen und hat Lagerhallen angemietet. Ende 2022 / Anfang 2023 sollen dann die neuen Büro- und ­Lagergebäude bezogen werden.

Bambus als tragendes Bauteil

Die Schwierigkeiten haben das Unternehmen nicht daran gehindert, weiter zu wachsen und neue Produkte zu entwickeln. Gerade erst konnte Moso auf der Fensterbau Frontale in Nürnberg mit »Bamboo N-finity« ein neues Konstruktionsholz vorstellen. Das Produkt existiert bereits seit 2017. Damals war ein namhafter Automobilhersteller mit der Idee an ­Moso herangetreten, Konstruktionshölzer aus Bambus für einen Solar Carport zu entwickeln. Das Projekt wurde zwar nie realisiert, aber ­Moso hatte so viel in die Entwicklung des Produkts gesteckt, dass man nach alternativen Einsatzmöglichkeiten suchte. Beim Neubau eines Firmengebäudes in ­Montaubaur kam »Bamboo N-finity« erstmals zum Einsatz – und zwar als Pfosten-Riegel-Fassade und als Tür- und Fensterelemente in der Gebäudehülle. Da für das Produkt keine Zulassung als tragendes Bauteil vorlag, holte Moso eine Zulassung im Einzelfall ein. »Es hat dann drei Jahre gedauert, bis wir  die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung erhalten haben. Denn keiner wusste, wie man Bambus testen soll«, erzählt Michael van Houten. Inzwischen ist es aber gängige Meinung, dass das Gras Bambus wie Holz zu bewerten ist. Mit »Bamboo ­N-finity« erweitern sich die Möglichkeiten für Moso noch einmal. Da das Produkt nicht nur als tragendes Bauteil anerkannt ist, sondern wie die meisten Moso-Produkte als CO2-neutral eingestuft wird, dürfte es bei vielen nachhaltigen Bauprojekten eine bevorzugte Option sein.

Generell fußt das Moso-Geschäft auf drei Standbeinen, wie Michael van Houten erläutert. In der DACH-Region etwa betreuen sechs Handelsvertreter den Fach- und Großhandel. Als zweites Standbein fungieren Sonderprojekte mit der Industrie. Hierzu zählen etwa große Flughafen- oder Bahnhofsprojekte. Das dritte Geschäftsfeld sind Projekte, bei denen Moso intensiv mit Architekten oder Designern zusammenarbeitet. Einige Beispiele: Bereits Anfang der 2000er-Jahre lieferte Moso Bambus-­Deckenpaneele für den von Stararchitekt Richard Rogers entworfenen internationalen Flughafen Madrid-Barajas – die geschwungene Dachkonstruktion gilt bis heute als weltweit größtes Bambusprojekt. Eine andere berühmte Architektin, Zaha ­Hadid, wählte für das Projekt City ­Life in Mailand ebenfalls Moso als Bambuslieferanten. Seit 2015 spielen auch Bahnhöfe eine wichtige Rolle bei ­Moso. So hat man mit »Ultra­Density« einen extrem harten Bodenbelag entwickelt, der für Objekte mit 200 Mio Reisenden pro Jahr zertifiziert ist. Am Gare du Nord in Paris und anderen französischen Bahnhöfen läuft man jetzt über ­Moso-»UltraDensity«-Parkett.

Mittlerweile hat Moso schon wieder ein neues Sortiment in der Pipeline. Es entstand ebenfalls aus einem Flughafenprojekt und soll noch in diesem Jahr eingeführt werden: »Bamboo N-vision« sind runde Bambusbalken in unterschiedlichen Größen, die neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen – mehr wird noch nicht verraten. Wie immer bei ­Moso darf man ein qualitativ hochwertiges, ausgiebig getestetes Produkt erwarten. Denn Qualität gehört zur Moso-DNA, wie Michael van ­Houten betont: »Unsere Kunden wissen, dass sie von uns eine sehr gute Qualität bekommen. Jedes Produkt wird nach unseren Vorgaben und mit von uns gewählten Leimen, Lacken und Ölen produziert – das macht uns einzigartig. Wir machen keine Stichproben in Containern. Wir kennen die Qualität unserer Produkte, bevor sie in den Container kommen.«   J

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