Messe München GmbH Wohnungsbau bleibt das große Sorgenkind

Lesedauer: min | Bildquelle: Messe München
Von: Peter Lang

Die BAU 2025 öffnet zwischen dem 13. und 17. Januar wieder ihre Pforten. Die Weltleitmesse für Architektur, Materialien und Systeme findet in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten statt. Dies unterstreichen aktuelle Zahlen des Ifo-Instituts. Die BAU will mit fünf Leitthemen Zukunftsfragen anstoßen und für neue Impulse sorgen.

Während die Corona-Pandemie den länger währenden Aufwärtstrend der europäischen Bauwirtschaft lediglich kurz unterbrach, verhindern die Folgen des Ukrainekriegs mittelfristig weiteres Wachstum. 2026 dürfte das Bauvolumen den Wert von 2022 knapp verfehlen. Zu den Gründen zählen unter anderem die allgemeine Konjunkturabkühlung, der zwischenzeitliche Zinssprung, die erheblichen Kaufkraftverluste und die kräftigen Baukostenzuwächse. Daneben existieren vielfältige länderspezifische Faktoren, die die Einzelmärkte zusätzlich beeinflussen, wie zum Beispiel die staatliche Bauförderung. In Deutschland etwa kommen zusätzliche Unsicherheiten durch den Bruch der Ampel-Koalition hinzu. In Ermangelung eines vorhandenen Haushalts für 2025 bleiben staatliche Baufördermaßnahmen in der Schwebe.  

Im Rahmen der BAU Infogespräche am 7./8.November stellte Ludwig Dorffmeister, Ifo-Branchenexperte für Bau und Immobilien, aktuelle Zahlen zur Baukonjunktur in Europa vor. Laut der Sommer-Prognose wird die europäische Bautätigkeit im Zeitraum 2023/24 um insgesamt 4 Prozent zurückgehen, danach bis 2026 aber nur um 3 Prozent zulegen. Das Tiefbausegment wird seine Expansion unbeirrt fortsetzen (+7,8 Prozent). Aus Sicht des Branchenexperten Ludwig Dorffmeister liegt dies unter anderem daran, »dass für die umfangreichen Investitionsbedarfe der Verkehrs- und Energieinfrastruktur weiter genügend öffentliche und private Gelder mobilisiert werden können.« In seinen Ausführungen erläuterte Dorffmeister außerdem: »Der Nichtwohnhochbau dürfte trotz der durchwachsenen wirtschaftlichen Aussichten immerhin moderat wachsen (+2,7 Prozent), wobei das Vor-Corona-Niveau außer Reichweite bleibt.«

Aussicht auf Erholung bei Wohnungsbau gering

Der Wohnungsbau, auf den fast die Hälfte aller Baumaßnahmen in Europa entfällt, ist in den Jahren 2023 und 2024 um insgesamt ein Zehntel geschrumpft (Neubau: -18 Prozent). Die Chancen auf eine deutliche Erholung in den kommenden Jahren werden als gering eingeschätzt (-4,3Prozent). Entsprechend zurückhaltend fällt die Genehmigungsprognose aus. Das Auslaufen einer äußerst freigiebigen Fördermaßnahme zur Gebäudesanierung in Italien drückt den gesamten Bestandsektor ins Minus. Ohne Italien lägen die Bestandsmaßnahmen 2026 um 4,2 Prozent über dem Wert von 2023.

Stärkster Zuwachs in Polen, Italien und Deutschland im Minus

Hinter dem Minimalzuwachs des europäischen Bauvolumens im Zeitraum 2024 bis 2026 um 0,3 Prozent verbergen sich auf Länderebene ganz unterschiedliche Entwicklungen. So dürften in Polen die erbrachten Bauleistungen bis 2026 um 15,2 Prozent gegenüber 2023 zunehmen. Danach folgen Irland (+9,5 Prozent), Tschechien (+8,3 Prozent), Schweden (+8,0 Prozent) und Norwegen (+7,6 Prozent). Für das Schwergewicht Großbritannien wird ein Plus um 6,1 Prozent vorhergesagt. Tatsächlich fallen die mittelfristigen Bauprognosen für die meisten Länder positiv aus. Gleichzeitig befinden sich die Märkte in den drei großen Ländern Italien (-6,7 Prozent), Deutschland (-4,1 Prozent) und Frankreich (-4,0 Prozent) jedoch auf Talfahrt und verhindern damit ein günstigeres Gesamtbild.

Auf der BAU 2025 werden zahlreiche inhaltliche Beiträge geliefert, die sich mit dem Wandel von Quartieren, der Stadt und dem Land auseinandersetzen.

In Deutschland kletterte das Bauvolumen in den Jahren 2014 bis 2020 um nahezu 13 Prozent. Die guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die starke Zuwanderung und die auch deshalb steigende Wohnungsnachfrage, das günstige Finanzierungsumfeld, die Anstrengungen zur Wohngebäudemodernisierung und das staatliche Bekenntnis zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur führten den Markt auf ein 21-Jahres-Hoch.

Die durch die Pandemie ausgelöste Rezession bremste in der Folgezeit die Nachfrage nach neuen Nichtwohngebäuden. Die Investitionen in den Bestand öffentlicher und gewerblicher Gebäude gingen in den vergangenen Jahren weiter zurück, was unter anderem an der veränderten geografischen Ausrichtung vieler Unternehmen und den limitierten Spielräumen der Kommunalhaushalte liegen dürfte. 2024 wird der Nichtwohnhochbau seine Korrekturphase aber abschließen und trotz der vielen strukturellen Probleme (z. B. Energiekosten, Bürokratie/Regulierung, Fachkräfteangebot) 2025 wieder etwas wachsen. Dafür dürften die Kaufkraftgewinne, die normalisierte Inflation, die wieder günstigere Fremdfinanzierung und ein gewisser Nachholbedarf sorgen. Gemäß der Sommer-Prognose 2024 wird die Bautätigkeit in diesem Segment 2026 zwar in etwa auf dem Niveau des Jahres 2023 liegen – aber 6 Prozent unter dem 2020er-Wert.

Tiefbausegment setzt Expansion fort

Der Tiefbau verspürte im laufenden Jahrzehnt ebenfalls Gegenwind, der weitere Zuwächse größtenteils verhinderte. Ob es beim ursprünglich prognostizierten Anstieg der Tiefbauleistungen um 4 Prozent im Zeitraum 2024 bis 2026 bleiben wird, ist fraglich. Positiv hervorzuheben sind die Investitionsanstrengungen der Telekommunikations- und Energieversorgungsunternehmen sowie die – mithilfe von Bundesmitteln – abermals intensivierte Erneuerung des überregionalen Eisenbahnnetzes. Gleichzeitig wird die – insbesondere von öffentlicher Seite erbrachte – Finanzierung von Verkehrsprojekten zunehmend herausfordernder. Beispielsweise hat sich die kommunale Haushaltslage 2023 erheblich verschlechtert und 2024 wird das Finanzdefizit wohl nochmals zunehmen.


Obwohl sich der Bestandssektor recht robust entwickelt und mittelfristig wieder zulegen wird, bleibt der Wohnungsbau das große Sorgenkind. Der Grund dafür liegt in der eingebrochenen Neubaunachfrage infolge der abrupten Zinswende, der Baupreisexplosion und der stark zurückgefahrenen Neubauförderung. Der durch den Ukrainekrieg ausgelöste Inflationsschock verringerte ferner in erheblichem Maße die finanziellen Spielräume der deutschen Privathaushalte. Die Zahl genehmigter Wohneinheiten in Ein- und Zweifamilienhäusern wird sich zwischen 2022 und 2024 mehr als halbieren. Im Mehrfamilienhausbau stellt sich die Situation nur etwas besser dar. Kaufkraftgewinne, wieder nachgebende Zinsen, eine Entspannung auf dem Grundstücksmarkt und kontinuierlich steigende Mieten werden Wohnungsbauvorhaben mittelfristig zwar wieder attraktiver machen. Die durch eine Vielzahl an (staatlichen) Vorgaben bedingte immense Kostenbelastung bleibt allerdings das große Thema und spricht gegen eine kurzfristige Trendumkehr. 2026 dürfte das Wohnungsbauvolumen um 14 Prozent niedriger ausfallen als 2021 (Neubau: -41 Prozent).

BAU mit fünf Leitthemen

Erstmals wird die BAU im kommenden Januar an fünf statt bisher sechs Messetagen stattfinden. Die Aussteller sind thematisch verteilt auf insgesamt 18 Messehallen (siehe Grafik). Die wichtigsten Aufgaben der Bauwirtschaft hat die BAU 2025 in fünf Leitthemen zusammengefasst. Eines davon lautet – in Zeiten des Klimawandels wenig verwunderlich –  resilientes, klimagerechtes Bauen, ein anderes Transformation Stadt/Land/Quartier. Die Ansprüche an den Raum und seine Nutzung nehmen ständig zu und führen zu Zielkonflikten zwischen den verschiedenen Nutzungen. Vorausschauendes Planen für morgen ist deshalb schon heute wichtig. Für die Stadt und das Quartier, für das Land und den Raum dazwischen. Außerdem bilden Ressourceneffizienz und serielle und modulare Bauweisen zwei weitere Leitthemen. Zu guter Letzt das Thema wirtschaftliches Bauen, das oft synonym mit »kosteneffizient bauen« verwendet wird. Es hat viele Facetten und bietet den am Bau Beteiligten zahlreiche Stellschrauben zur Optimierung von Effizienz und Nachhaltigkeit. In der ganzheitlichen Betrachtung aller Teile der Wertschöpfungskette – Planen, Bauen und Betreiben – zeigen sich in jeder Phase spezifische Ansätze und Methoden zur Kosteneffizienz und Verbesserung der Wirtschaftlichkeit.

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