Hagemeister: Transformation aus Klinker Schmale Steine für massiven Bau

Das Van Vollenhovenkwartier in Rotterdam war einst ein massiver Bürokomplex, der jüngst in eine Wohnnutzung überführt wurde. Dafür waren nicht nur im Inneren des Gebäudes, sondern auch an seiner Fassade tiefgreifende Änderungen erforderlich. Nach der Sanierung zieren Hagemeister-Klinker der Sortierung Rügen GT+FU im Waalformat die Gebäudehülle und nehmen dem Baukörper, gemeinsam mit den bodentiefen Fenstern, die Wuchtigkeit.

Lesedauer: min

Das Rotterdamer Scheepvaartkwartier (zu dt. Schifffahrtquartier) befindet sich in unmittelbarer Nähe des Zentrums. Mit dem großzügigen Het Park, der lebendigen Gastronomieszene, den Einkaufsmöglichkeiten sowie dem berühmten Kunstmuseum der Stadt ist das Viertel nicht nur bei Touristen beliebt. Für Einheimische bietet es ein gehobenes Wohnumfeld. In Sichtweite des Aussichtsturms Euromast liegt am Westzeedijk an der Ecke zur Van Vollenhovenstraat ein großer Gebäudekomplex, der in den 1960er Jahren erbaut und bislang als Gewerbeimmobilie genutzt wurde. Im Zuge einer umfassenden Sanierungsmaßnahme sind die Büroräume nun großzügigen Wohnungen gewichen.

Moderne Wohnungen und Lofts in bester Lage

Der federführende Architekt Mathijs Tabbers vom Büro RoosRos Architecten, Oud-Beijerland, beschreibt die ehemalige Gewerbeimmobilie als ein schwieriges Projekt: „Die Struktur des Bürogebäudes mit einem Muster tragender Balken war zwar ideal, sodass wir kaum tragende Innenwände einreißen mussten. Aber die Raumtiefe war herausfordernd: Der breiteste Teil des Gebäudes misst 44 Meter. Das macht es schwierig, Tageslicht überall hin zu bekommen.“ Das führte zur Frage, welche Art von Wohnungen in das Van Vollenhovenkwartier passen. Tabbers entschied sich für eine Mischung aus Wohnungen in einer Größe von 80 bis 110 Quadratmetern in den höheren Etagen und schmalen Lofts in den ersten vier Stockwerken. Die Lofts haben eine Breite von 4 Metern und eine Tiefe von bis zu 12 Metern, genug für eine Grundfläche von rund 50 Quadratmetern. Diese Größe passt gut zur anvisierten Bewohnerschaft des Van Vollenhovenkwartiers, wie der Projektarchitekt findet: „Gegenüber des Gebäudes steht am Westzeedijk das Erasmus University Medical Center. Dort arbeitet ein Teil unserer Zielgruppe für unser Wohnhaus: Ärzte, die eine Bleibe suchen, eine zweite Wohnung nahe des Arbeitsplatzes.“ In der Sockelleiste des Komplexes befinden sich Ateliers und Abstellräume, in dem 44 Meter breiten Mittelteil realisierte RoosRos ein Atrium über drei Etagen.


Neue Struktur für Innen und Außen

Baulich wurde an der Fassade des Gebäudes stark eingegriffen. Die Randbalken, die zur Befestigung der Betonplatten dienten, nahmen zu viel wertvolles Tageslicht weg. „Die Randbalken aus Beton haben wir überall durch weniger hohe Stahlträger ersetzt. Dadurch kommt mehr Tageslicht ins Gebäude. Sie geben ihm außerdem ein schlankeres horizontales Aussehen“, so Tabbers. Alle Fassaden wurden mit französischen Balkonen ausgestattet. „Um im Rahmen des Nutzungsplans zu bleiben, haben wir uns gegen traditionelle Balkone entschieden und stattdessen für Fenster, die über die volle Höhe nach innen zu öffnen sind. Hierdurch ist auch das Reinigen der Fassade von innen möglich“, erklärt der Architekt. Die Wohnungen verfügen über eine doppelte Verglasung mit Rahmen aus eloxiertem Aluminium. „Das Material ist nachhaltiger und auch farblich sowie in der Ausstrahlung ansprechender als eine Beschichtung in einer RAL-Farbe“, ergänzt Tabbers.

Feine horizontale Linien aus Klinker

Mathijs Tabbers entschied sich für Klinker als Fassadenmaterial: „Am Anfang hatten wir noch darüber nachgedacht, die Betonplatten an der Fassade zu streichen. Aber von dieser Idee verabschiedeten wir uns schnell. Die alte Fassadenstruktur eignete sich nicht für diese Aufgabe. Dann haben wir uns auch nach vorgefertigten Kompositteilen umgesehen. Aber es lag eine strenge städtische Anordnung zugrunde, die verlangte, dass die Fenster vertikal ausgerichtet sein müssen mit feinen horizontalen Linien in der Fassade. Dafür eignete sich Klinker am besten.“ Die Fassaden sind nun stockweise aus horizontalen Klinkerstreifen und einem subtilen Zierrand aus Beton gearbeitet worden. Darauf befinden sich Pfeiler aus versetzten Klinkern.

Leichtigkeit für den massiven Bau

Die gemauerten Sockel sind, genau wie das übrige Klinkerwerk, in der Hagemeister-Sortierung Rügen GT+FU umgesetzt worden. „Zunächst schauten wir uns nach einen rot-orangen Klinker um für einen Anschluss an die umliegende Backsteinarchitektur des 19. Jahrhunderts“, erinnert sich Tabbers. „Aber die Farbe ließ das Gebäude massiver, schwerer erscheinen. Schlussendlich entschieden wir uns für Rügen, eine gelb-braune Sortierung mit einer schönen Nuancierung. Der Stein ist an einer Seite mit Kohlebrandspuren versehen und die durften im Sichtfeld bleiben. Für ein abwechslungsreiches Fassadenbild haben wir sowohl die Vorder- als auch die Rückseite der Klinker genutzt.“

Extra-schmaler Stein

Die Fassaden sind auf traditionelle Art verklinkert worden. „Die Pfeiler und das übrige Klinkerwerk sind im Halbsteinverband gearbeitet worden, die horizontalen Streifen im Wilden Verband. Damit wurde das Klinkerwerk gut auf die bestehende Fassadenstruktur angepasst“, sagt Tabbers. Die Fassaden haben zudem eine beige Beamix-Fuge.

Weil das Bürogebäude sehr schlecht isoliert war, ließ RoosRos hinter dem Mauerwerk eine Extra-Dämmung an den Flurrändern anbringen. Tabbers: „Der Bebauungsplan schrieb jedoch vor, dass alles innerhalb einer Linie von 110 mm Aufbaudichte bleiben muss. Aus diesem Grund wurde der Waalformat-Klinker Rügen verwendet. Hagemeister brannte ihn in einer speziellen Tiefe von 70 mm, statt des Standards von 100 mm.“

 

[0]
Socials