Industrieverband Hartschaum: »EPS ist sehr nachhaltig – ein Vorteil von vielen«

Wenn es um das Thema Dämmung geht, gibt es die unterschiedlichsten Möglichkeiten. Die verschiedenen Produkte eignen sich für unterschiedliche Anwendungsbereiche und haben unterschiedliche Vorteile. Wenn es auf ein geringes Gewicht, leichte Handhabung und gute Wärmedämmeigenschaften ankommt, kommen häufig Produkte aus EPS zum Einsatz. Damit die positiven Eigenschaften von expandiertem Polystyrol (EPS) noch bekannter werden und auch um die Produkte für den Markt noch attraktiver zu machen – zum Beispiel durch Umwelt-Produktdeklarationen – ist der Industrieverband Hartschaum gegründet worden, und das bereits vor fast 40 Jahren. Wir haben mit Serena Klein, Sprecherin der Geschäftsführung, und Ulrich Meier, Geschäftsführer Technik, über die Aufgaben des IVH und natürlich EPS und seine Vorteile gesprochen.

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Von: Christine Seif

Gegründet wurde der IVH 1973, in der Zeit der Ölkrise, wie Ulrich Meier erläutert. »Damals hat man erkannt, dass man Gebäude ordentlich dämmen muss und zwar effizient und nachhaltig. Zu diesem Zeitpunkt konnten das nur sehr wenige Dämmstoffe. So wurde EPS immer bekannter und beliebter. Erst in Frankfurt stationiert, zog der Verlag Mitte der 80er-Jahre nach Heidelberg um. Grund dafür war unter anderem die Nähe zu BASF, die schon damals und auch heute noch hinter dem Verband steht. BASF als Erfinder und Weiterentwickler von EPS-Hartschaum sitzt in Ludwigshafen bei Mannheim. Als sich dann im Laufe der Zeit immer mehr Rohstoffhersteller aus ganz Europa dem EPS fürs Bauwesen zugewendet haben, ist auch der Verband in Heidelberg personell stark gewachsen, um zum Beispiel die technischen Informationen in Richtung Ausbildung aber auch Planung zu verbreiten und bei Fragen zu helfen.« Jetzt ist der IVH mit seiner Geschäftsstelle vor rund zwei Jahren nach Berlin umgezogen und hat seine Räumlichkeiten im geschichtsträchtigen  Internationalen Handelszentrum bezogen. Grund hierfür war die Nähe zur Politik und zu anderen Verbänden – wie zum Beispiel dem BuVEG, dem Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle – sowie auch zu Konzernen, mit denen der IVH und seine Mitglieder zusammenarbeiten.

Digital schon immer weit vorn mit dabei

Beim IVH geht es viel um Kommunikation und Präsenz, das war 2020 nicht immer umzusetzen. Daher musste sich auch der Verband einigen Herausforderungen stellen, die Corona mit sich gebracht hat. Doch glücklicherweise hat der IVH hier in den vergangenen Jahren bereits Vorarbeit geleistet, die ihm jetzt zugute kam: »Wir arbeiten bereits seit gut zehn Jahren mit Videokonferenzen und sind darin erfahren, davon profitieren wir jetzt. Da unsere Mitglieder in ganz Deutschland verteilt sind, haben auch unsere beiden Mitgliederversammlungen digital stattgefunden und das hat super funktioniert«, berichtet Serena Klein. Der IVH möchte hier als »gutes Vorbild« voangehen und hat seit fast einem Jahr nun auch eine App. »Im Januar ging unsere App online, also schon vor Corona. Darin können sich unsere Mitglieder jederzeit informieren, erhalten Push-Nachrichten zu wichtigen aktuellen Themen und können sich sämtliche Dokumente direkt herunterladen. Selbstverständlich wird die App stetig aktualisiert und auch erweitert, zum Beispiel mit Service-Funktionen für unsere Mitglieder.« So ist der IVH gut durch das Corona-Jahr gekommen und ist auch in Sachen Digitalisierung für 2021 gut aufgestellt. Doch bei der App soll es nicht bleiben, der IVH möchte laut Serena Klein einen weiteren Trend umsetzen: »Demnächst werden wir verstärkt Webinare anbieten, denn digitaler Unterricht ist einfach der Trend der Zeit und da sind wir auf jeden Fall mit dabei.«


Ein weiteres digitales Projekt, das im nächsten Jahr realisiert werden soll, ist ein eigener Youtube-Kanal. »Wir sind für dieses Projekt soweit startklar und wollen ab 2021 kurze, aber hochwertige Videos auf diesem Kanal einstellen, um die Vorzüge von EPS direkt zu zeigen. So kann zum Beispiel der Handwerker oder auch der Endkunde in einer kurzen Sequenz erfahren, wie nachhaltig EPS wirklich ist, oder warum das Haus mit EPS dennoch genug ›atmen‹ kann. Ich denke, da sind wir auf dem richtigen Weg, wenn wir den Generationenwechsel, gerade im Handwerk, betrachten. Und auf dieses Projekt freuen wir uns schon sehr,« verrät Serena Klein.

Ein ganz klares Ziel

Die Aufgaben des IVH sind vielfältig, sie sind aber alle auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtet: EPS als unverzichtbaren Dämmstoff weiter zu festigen. Ein elementarer Bereich ist dabei, die Vorteile von EPS bekannt zu machen und auch mit Vorurteilen aufzuräumen. Eine häufige Ansicht ist, dass Styropor, wie EPS umgansprachlich genannt wird, nicht ökologisch sei. Doch hier müssen die beiden vehement widersprechen: »Das stimmt absolut nicht – und das gleich aus mehreren Gründen«, so Serena Klein. »Zum einen ist EPS extrem langlebig. Eine Dämmung mit EPS ist oft genauso lange haltbar wie auch das Gebäude. Sie übertrifft somit bei intakten Bauteilen die offiziell vom Bund festgesetzte Lebensdauer von Dämmstoffen von 40 Jahren. Da können nur wenige andere Materialien mithalten. Zudem ist es extrem robust. Es ist nahezu wasserresistent, witterungsbeständig, schwer entflammbar und behält über Jahrzehnte seine Dämmleistung. Auch der geringe Energieeinsatz bei der Herstellung der Produkte ist hier positiv zu erwähnen. All diese Faktoren machen das Material bereits sehr nachhaltig. Da es erst nach Jahrzehnten wegen steigender Anforderungen an die Gebäudehülle erneuert oder aufgedoppelt werden müsste und könnte, ist es auch sehr wirtschaftlich.«

Ein weiterer Punkt pro Nachhaltigkeit seien die kurzen Transportwege. Die EPS-Hersteller im IVH sind in Deutschland flächig verteilt – insgesamt sind es bundesweit rund 20 Werke – so ist der Lieferweg immer relativ kurz, laut Serena Klein meist um die 150 Kilometer. Weiterer Vorteil ist das geringe Gewicht von EPS, immerhin besteht es zu 98 Prozent aus Luft. Auch die Verarbeitung überzeuge, denn es ist dazu weder spezielles Werkzeug noch eine große Schutzausrüstung nötig. »Auch das Preis-Leistungsverhältnis kann sich bei EPS sehen lassen«, ergänzt Ulrich Meier. Ein Thema, das gerade in der ganzen Baubranche und bei allen Zulieferern im Fokus steht, ist Recycling. Und auch hier kann EPS laut Serena Klein und Ulrich Meier punkten.

Vollständig recycelbar

Auch beim Thema Recycling ist EPS besser als sein Ruf, so der IVH-Geschäftsführer. »EPS ist vollständig recycelbar. Verschnitte in den Produktionsstätten werden dort direkt gesammelt, geschreddert und dem Herstellungsprozess wieder zugeführt. Und auch das ›übrige‹ EPS von den Baustellen nehmen die Hersteller zurück und führen es dem Produktionsprozess wieder zu«, so Meier. »Das Rücknahmesystem nennt sich ›EPS Cycle«, ergänzt Klein. »Das ist übrigens auch in zahlreichen Studien einer der Gründe, warum EPS dort so gut abgeschnitten hat, dass es vollständig recycelbar ist.« Besonders zu erwähnen ist hier wohl die Studie des ifeu-Instituts in Kooperation mit »natureplus«. Die Stärken und Schwächen der verschiedenen Dämmstoffe in ihren Ökobilanzen zu erkennen und dabei auch die anschließende Entsorgung einzubeziehen, war Ziel dieses Forschungsprojekts. EPS hat in dieser Studie den ersten Platz belegt. Positiv bewertet wurde dabei auch das innovative »CreaSolV«-Verfahren, bei dem mit HBCD belastetes EPS aus früheren Zeiten recycelt werden kann.

PSLoop – damit auch altes EPS recycelt werden kann

In den Niederlanden ist in diesem Jahr eine ganz besondere Anlage entstanden: in diesem Werk kann ab Mai 2021 mit HBCD belastetes EPS recycelt werden. Ermöglicht wird das durch das »CreaSolV»-Verfahren. »Das ›CreaSolV‹-Verfahren wurde bereits vor zehn Jahren vom Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung entwickelt. Der Grund dafür ist, dass EPS, das früher verbaut wurde, oft das Flammschutzmittel HBCD (Hexabromcyclododecan) enthält. Um das EPS wieder in den Produktionsprozess zurückzuführen, muss allerdings das HBCD herausgelöst werden. Das geht nur, wenn das Polymer vom Flammschutzmittel getrennt wird«, erklärt der technische Geschäftsführer und versucht es vereinfacht darzustellen: »Beim ›CreaSolV‹-Verfahren wird das EPS zerkleinert, in einer Lösung aufgelöst, sodass sich Verschmutzungen ablösen und nach oben schwimmen, wohingegen das herausgelöste HBCD nach unten sinkt. So kann das Polystyrol ungestörte vom Flammschutzmittel getrennt und wieder in seine Ursprungsform gebracht werden, um daraus neues EPS zu machen.«

Das Werk in den Niederlanden ist das erste des PSLoop-Projekts. Der Standort wurde dabei ganz bewusst gewählt. »Direkt daneben ist die einzige Brom-Rückgewinnungsanlage in Europa. So kann das im HBCD enthaltene Brom direkt in dieser Anlage zu neuem, umweltfreundlicherem Flammschutzmittel verarbeitet werden«, erklärt Serena Klein. »Das PSLoop-Werk in den Niederlanden ist eine Pilotanlage und startet seinen Betrieb im Mai 2021 – sollte sich diese Anlage als wirtschaftlich erweisen, ist der Plan, dass weitere Werke in Deutschland und Europa errichtet werden.« Die Anlage in den Niederlanden ist für eine maximale Kapazität von 4 000 Tonnen im Jahr ausgelegt. Auch neues EPS, ohne HBCD, könnte dort recycelt werden, was aktuell aber nicht erforderlich ist. Um die Transportwege zu reduzieren und die Verwertungvorgänge insgesamt für alle Beteiligten zu vereinfachen, werden immer mehr Sammelstellen installiert, an denen das EPS kompakt gepresst wird, sodass große Mengen komprimiert zum niederländischen Werk transportiert werden können.

Gewappnet für eine erfolgreiche Zukunft

Auch für die nächsten Jahre hat sich der IVH einiges vorgenommen. »Wir wollen EPS künftig noch erfolgreicher machen, seine Nachhaltigkeit weiter vorantreiben. Vorallem unsere Mitglieder möchten wir unterstützen und sie bei Weiterentwicklungen begleiten«, so Meier. »Damit EPS heute und auch künftig als unverzichtbarer Dämmstoff wahrgenommen wird.«    J

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Industrieverband Hartschaum e.V. (IVH)

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