Warmtonig und weich wirken die Wände im Veranstaltungsraum der Gartenmanufaktur in Singen-Bohlingen. Sie wurden in drei Farbtönen mit »Sylitol Bio«-Innenfarbe so gespritzt, dass sie wie gewischt aussehen, genauso wie die angrenzenden Wände aus Mauerwerk und Putz. Bei näherer Betrachtung zeigen die schallgedämmten Wände lebendige organische Strukturen. Streicht man mit der Hand drüber, fühlt sich die Oberfläche warm an. Die gepressten Naturfasern sind zu spüren.
Die Beschichtungstechnik erinnert an verwaschene, verwitternde Fassaden, wie sie häufig in mediterranen Ländern zu sehen sind. Dazu passt die Flachdachdecke mit naturbelassenen, dicken, dunkelbraunen Rundholztragbalken und Holzsparren, die mit warmtonigen Terracottaplatten bedeckt sind, so wie es in toskanischen Landhäusern üblich ist.
Tolle Optik, aber problematische Akustik
Die Decke ist schön anzusehen, doch im Zusammenwirken mit anderen schallharten Oberflächen wie raumhohen Fenstern, dem Glasdach und einem Laminatboden gab es akustische Probleme. Das zeigte sich bei Musikveranstaltungen und anderen Events, die hier regelmäßig stattfinden. Veranstalter, Künstler und Besucher wünschten eine bessere Akustik.
Geht es um die Verbesserung der Akustik, wird üblicherweise die Decke als erstes in Betracht gezogen. Die kam in der Gartenmanufaktur aus ästhetischen Gründen nicht in Frage – das »toskanische Dach« sollte frei von Akustikmaßnahmen aller Art bleiben, auch von abgehängten Elementen wie »CapaCoustic Melapor-Baffle« oder Deckensegel Also blieben nur die Wände.
Geschäftsführer Thilo Simeoni vom RKS-Malerteam, beauftragt mit der Lösung des Problems, beriet sich mit Caparol-Fachberater Bernd Schamberger. Für ihn waren die Hanf-Absorberplatten »CapaCoustic Nature« wegen der Natürlichkeit und Nachhaltigkeit sowie ihrer individuellen und lebendig wirkenden Farbausprägung und Oberfllächenstruktur für dieses Objekt geradezu prädestiniert. Zudem seien die offenporösen Hanfplatten vor allem im unteren Wandbereich robuster und schlagfester als beispielsweise die Absorberplatten aus Melaminharzschaum.
Hanf hat die Baustoffklasse 2 und ist als Baumaterial schon vielfach im Einsatz. Neu ist die Verwendung von Hanfplatten als Schallabsorber zur Regulierung der Nachhallzeiten im Innenraum. Bei der Herstellung werden die Hanffasern mit Hilfe von Druck und Wärme zu einer festen, vliesartigen Platte gepresst.
Leicht zu verarbeiten und mit gutem Gefühl
Simeoni testete die Verarbeitung. »Ich war sehr neugierig auf das Naturmaterial und freute mich dann, dass es sich nicht nur einfach verarbeiten lässt, sondern auch gut riecht, wie Heu. Es war ein gutes Gefühl, damit zu arbeiten«, berichtet der Maler, der im Laufe seiner 30-jährigen Berufserfahrung schon viel Dämmmaterial verarbeitet hat.
Mit handwerklichem Geschick brachte er zusammen mit einem Malerkollegen und dem Caparol-Anwendungstechniker Artur Fedoruk die 625 x 625 mm großen und 45 mm dicken Platten an. Knifflig waren die Anschlüsse an die raumhohen Fenster und am Glasdach. Mittels Stichsäge und einem Dämmstoffsägeblatt konnten die Platten einfach zugeschnitten werden.
Wie aber lässt sich die Fase am Zuschnitt herstellen? Thilo Simeoni tüftelte gemeinsam mit dem Caparol-Team die beste Lösung aus, indem sie die Kanten der Hanfplatte mit einem Handwinkelschleifer, bestückt mit einem Schleifteller bzw. einer Schleifscheibe, herausarbeiteten. Grobe Fransen wurden mit der Schere entfernt, ansonsten ließen sich die Schnittflächen durch überbügeln mit einem Bügeleisen nachglätten.
»CapaCoustic Nature«-Platten werden vollflächig mit dem mineralischen »CapaCoustic Kleber 037/12« direkt auf Decke oder Wandflächen verklebt. Maßtoleranzen konnten mit dem Kleber und Hanffaserresten einfach ausgeglichen werden, wie der Verarbeiter berichtet.
Prima Akustikbilanz mit 50 % Grundflächenbelegung
Insgesamt wurden 75 m2 Hanf-Absorberplatten in kurzer Zeit an den Wänden verklebt und fertig beschichtet. Eine Wand blieb vorerst noch frei. Die Hanfabsorberfläche entspricht ca. 50 % der Grundfläche des Veranstaltungsraums. Ein Wert, der laut Hersteller ausreicht und wirkt, denn die offenen Poren und die raue Oberfläche des fasrigen Materials können sehr viel Schall aufnehmen – Schall, der im Raum entsteht und an schallharten, dichten und glatten Oberflächen reflektiert wird und als Nachhall im Raum bleibt.
»Vor der Sanierung mit ›CapaCoustic Nature‹ waren Musiker und Besucher oft unglücklich über die Akustik hier im Eventraum. Eine ruhige Unterhaltung war auch bei Veranstaltungen ohne Musik kaum möglich. Durch die Hanf-Akustikplatten ist das um Klassen besser geworden. Das bestätigen uns die Künstler einhellig und auch viele Besucher«, schwärmt Eventmanager Siegwarth.
Die Absorberplatte erreicht laut Hersteller einen Absorptionsgrad von aw = 0,75. »Das sind Werte, die man sonst nur von synthetischen Materialien oder Mineralfasern kennt, die mit hohem Energieaufwand hergestellt werden«, weiß Caparol-Experte Schamberger. Ohne Verlust der Schallabsorptionsleistung können die offenporigen »CapaCoustic Nature«-Platten mit der silikatischen Bio-Innenfarbe nach »CaparolColor« oder »3D System plus« im Spritzverfahren beschichtet werden. Die Platten werden naturbelassen geliefert oder werkseitig beschichtet. Hier im Farbton »3D System Plus Savanne 15«.
Hanf erzielt eine positive Ökobilanz
Das Hanfmaterial erzielt laut Hersteller eine positive Ökobilanz: Die Pflanze wird in ökologischer, regionaler Landwirtschaft ohne Dünger und Pestizide in Österreich angebaut. So entsteht bereits während der Rohstoffgewinnung eine positive Kohlendioxidbilanz. Außerdem bedeutet das kurze Transportwege mit wenig Energiebedarf für die Lieferung.
Der Verwertungsgrad der Hanfpflanze liegt bei 97 %, was diese zu einem der effizientesten Agrarrohstoffe macht. Mit »CapaCoustic Nature« verspricht der Hersteller ein nachhaltiges und auch optisch ansprechendes Material Mit seiner unregelmäßigen Faserstruktur, die auch unter der gespritzten Mineralfarbe oder einer werksseitig angebrachten Vorbeschichtung hervortritt, ist der Pflanzenfaser-Schallschutz ein Hingucker. Die Platten muten weich an, sind aber hart im Nehmen und stecken manchen Stoß weg. Kurzum Funktion, Umweltrelevanz und Optik stimmen, mit diesen Vorzügen gibt es immer Kunden, die auch bereit sind, dafür etwas mehr zu investieren.