Der Messeturm der Finanz- und Wirtschaftsmetropole Frankfurt war mit einer Höhe von 256 m bei seinem Bau das höchste Gebäude Europas. Ursprünglich wurde er für die Frankfurter Messe konzipiert, sollte den steigenden Bedarf an Büroflächen bedienen und gleichzeitig ein architektonisches Wahrzeichen und Symbol des Stadtbildes sowie der damals wachsenden Skyline Frankfurts werden. Es gelang dem im Mai 2021verstorbenen Architekten Helmut Jahn, einen markanten und auffälligen, postmodernen Wolkenkratzer zu gestalten. Der expressive Entwurf Jahns war und ist futuristisch und zeichnet sich durch eine klare Formensprache sowie dynamische Linien aus. Außerdem setzte Jahn Aspekte wie den Einsatz von energieeffizienten Technologien und intelligenten Gebäudeautomatisierungssystemen, ein modulares Design für die Büroflächen sowie eine moderne Kommunikationsinfrastruktur um.
Drei Jahrzehnte später offenbarten leerstehende Büroflächen und die zurückhaltende Reputation des Turms in der Öffentlichkeit einen gewissen Handlungsbedarf für die Eigentümer, der schließlich zum »Reload«-Konzept führte. Hierbei kam es zu einer einmaligen Kooperation zwischen dem »Turmvater« Helmut Jahn sowie dem Interior Designer Matteo Thun. Zusammen entwickelten sie ein Architektur- und Interior-Konzept, das dem Messeturm eine völlig neue Strahlkraft verleihen sollte und seinen Höhepunkt in der Lobby findet.
Die Lobby – Kern des Sanierungskonzeptes
Moderne Bürogebäude in den wirtschaftlichen Metropolen verfügen heute über großzügige und offene Lobbys mit Flächen, die auch der Öffentlichkeit zugänglich sind. Der dreißig Jahre alte Messeturm hatte in diesem Punkt erheblichen Nachholbedarf und das Thema der Lobbygestaltung wurde somit zum Kern des Konzeptes. Überdies wurde die Erneuerung der gesamten Gebäudetechnik sowie die nachhaltige Steigerung der Energieeffizienz zur Zielvorgabe der Modernisierung, die binnen 2022 ihre Umsetzung fand. Hierbei wurde die Lobby um 600 m² vergrößert, indem man die Seiten des Turms um vier Meter nach außen aufweitete. Der neu geschaffene Raum mit gebogenen 17,5 m hohen und je sechs Tonnen schweren Spezialglasscheiben wurde zu einem Schaufenster in das Innere des Turmes. Gleichzeitig bietet die neue »Offenheit« einen ebenso imposanten Blick von innen nach außen auf die Skyline Frankfurts sowie die über 100 Jahre alte Messehalle.
Die Umsetzung – Bauen im laufenden Betrieb
Die Ausweitung der Lobby führte dazu, dass es ein unterschiedliches Bodenniveau von ca. 400 mm auszugleichen galt. Hierfür kamen das Trockenhohlbodensystem sowie die Leistungen der HG-Fussbodensysteme aus Heinrichsthal bei Aschaffenburg zum Einsatz. Gleichzeitig sollte die gesamte Lobby mit einer modernen, energieeffizienten wasserführenden Fußbodenheizung und -kühlung ausgestattet werden, um so die herkömmliche Heizanlage, deren Technik bislang eine gesamte Etage in Beschlag nahm, hinfällig zu machen. »Wir kennen das ›Schlüter-Bekotec-Therm-System‹ bereits seit einigen Jahren und hatten besonders in der Sanierung sehr gute Erfahrungen mit dem System gemacht«, erläutert Steffen Hein, Geschäftsführer von HG-Fussbodensysteme. »Gerade die geringe Aufbauhöhe des Produktes war wichtig, da nicht viel Platz zur Verfügung stand, um Heizung, Estrich sowie die geplante Keramik einzubringen.«
Da die Sanierung des Bodens im laufenden Betrieb stattfinden musste, wurde die Lobby in vier Sektionen aufgeteilt, die nacheinander bearbeitet wurden. Hierbei führte HG die Arbeiten so aus, dass die Installation des Trockenbodens, die Verlegung der »Bekotec-Therm-Fußbodenheizung« (inkl. Zuleitung) sowie die Einbringung der 25 mm starken Estrichüberdeckung nur zwei Tage in Anspruch nahmen. Bereits am dritten Tag konnte das Folgegewerk, die Firma Kaiser Naturstein aus Mühlheim am Main, mit den Bodenbelagsarbeiten beginnen.»Um eine harmonische Fläche zu erzeugen, die weitestgehend ohne Dehnungsfugen auskommt, wurde unsererseits zunächst die ›Schlüter-Ditra‹ eingebracht und mit dem Estrich fest verklebt«, berichtet Marcus Kaiser, Geschäftsführer von Kaiser Naturstein. Das Material eignet sich laut Hersteller gerade bei der Verlegung von großformatigen Natursteinplatten zur Entkopplung, Abdichtung, Lastverteilung sowie zur Herstellung eines perfekten Haftverbunds. »Schlüter-Ditra« ist eine Polypropylenbahn mit einem integrierten Schneidraster sowie hinterschnittenen quadratischen Vertiefungen, die rückseitig mit einem saugfähigen Trägervlies versehen ist. Werden keramische Fliesen oder Natursteinplatten verlegt, ist »Ditra« fester Bestandteil des Konstruktionsaufbaus von »Bekotec-Therm«.
Der von Matteo Thun ausgewählte Kalkstein (White Pearl, geschliffen) sowie das cremefarbene Eiche-Parkett (Bauwerk) der Loungebereiche konnte derart vorbereitet zügig verlegt werden, sodass die Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb des Turms nur sehr gering waren. Insgesamt kamen über 1 000 m² Naturstein zur Ausführung, da neben dem Foyer auch der innen liegende Bodenbereich der Fahrstuhlhalle deckungsgleich verlegt wurde.
»Bekotec-Therm« – weniger ist mehr
»Über Monate hinweg haben wir zusammen mit der Planungsgesellschaft die Realisierbarkeit der gewünschten Ausführung technisch beraten und weiterentwickelt bis hin zu der Lösung, die unsere Partner HG und Kaiser jetzt so hervorragend ausgeführt haben«, erklärt Burkhard Voß, der das Projekt technisch betreut hat und bei Schlüter-Systems seit 20 Jahren für den technischen Produktbereich »Bekotec« und »Bekotec-Therm« zuständig ist.
Eine besondere Leistung bestand unter anderem darin, dass die Bodenmechanik zwischen dem neuen Hohlraumboden sowie dem Bestandsboden aus Beton so ausgeglichen werden konnte, dass hier keine Dehnungsfuge verbaut werden musste. Erschwerend kam hinzu, dass neben den bauphysikalischen Eigenschaften des Natursteins auch die des Parketts mit in die Planung bzw. Berechnung einbezogen werden mussten. »›Bekotec‹ ist die Abkürzung für Belagskonstruktionstechnik und genau das ist das Entscheidende, egal ob es um den privaten Wohnungsbau oder wie hier den Messeturm in Frankfurt geht«, reflektiert Voß. »Wir betrachten die Aufgabenstellung aus allen Blickwinkeln – gewerkübergreifend. Nur so kommt man zu validen Lösungen wie in diesem Beispiel.«
Doch nicht nur die technische Umsetzung findet hohen Anklang bei den Eigentümern, auch die energetischen Vorteile des neuen Heizsystems lassen aufhorchen. Rund zehn Prozent weniger Energie als mit herkömmlichen Fußbodenheizungen dürfen die Betreiber in Zukunft einkalkulieren. Ursächlich hierfür ist die wesentlich geringere Menge des eingebrachten und zu erwärmenden Estrichs, der zugleich auch eine wesentlich dynamischere Regulierbarkeit des Systems möglich macht.
Der Messeturm ist also nicht nur weltoffener, prächtiger und postmoderner geworden, sondern auch nachhaltiger. Denn neben der Lobby wurden auch andere Bereiche wie beispielsweise das im Untergeschoss befindliche europäisch-panasiatischen Business-Restaurant »M.Tower« mit »Bekotec-Therm« ausgestattet.