ibu: Umwelt-Produktdeklarationen auf dem Weg ins Digitalzeitalter

Mit den vom Institut für Bauen und Umwelt (IBU) entwickelten Umwelt-Produktdeklarationen wird ein Großteil der umweltrelevanten Daten der Baustoffindustrie erfasst. Das Datenmaterial wird vom IBU sukzessive auch digitalisiert und damit für Architekten, Ingenieure und Bauunternehmer nutzbar gemacht.

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Die vom IBU entwickelten Umwelt-Produktdeklarationen sind ein Instrument für die gesamte Baustoffindustrie, wenn es um transparente und glaubhafte Umwelt- und Nachhaltigkeitsinformationen zu Baukomponenten und -produkten geht. Mit über 220 Mitgliedsunternehmen und - verbänden, die über 3 000 Unternehmen repräsentieren, und 1 800 Umweltproduktdeklarationen, die in den letzten Jahren durchschnittlich rund 250 000 Downloads pro Jahr erfuhren, bildet das Institut mit seinem Angebot einen Großteil der Umweltdaten der Baustoffindustrie ab.

Vor über fünf Jahren begann das IBU darüber hinaus mit der digitalen Aufbereitung der Informationen auf IBU.data, um die nachhaltigkeitsbezogenen Daten BIM-fähig und somit für Architekten, Ingenieure und Bauunternehmer effizient nutzbar zu machen. Mit dem IBU.data und SuPIM-Angebot entstehen zukunftsfähige Wege, die IBU-­Nachhaltigkeitsdaten für viele neue Lösungen zur Verfügung zu stellen.

Steigerung der Qualität von Gebäude-Ökobilanzen

Es lohnt sich für Unternehmen, eigene Umwelt-Produktdeklarationen (Environmental Product Declarations, kurz EPDs) zu erstellen. Denn eine EPD bildet die umweltrelevanten Eigenschaften eines Produktes in Form von neutralen und objektiven Daten ab. Diese Daten decken möglichst alle Auswirkungen ab, die das Produkt auf seine Umwelt haben kann – im Idealfall wird der gesamte Lebensweg des Produktes berücksichtigt und bietet Fachleuten im Bauwesen damit eine Grundlage, um Gebäude ganzheitlich planen und bewerten zu können.

In einer Studie des Fraunhofer-Instituts verglichen Forscher 2019 Ökobilanzen auf der Basis von EPDs mit sogenannten generischen Daten, die auf der Basis allgemein zugänglicher Quellen, etwa in der ­»Ökobaudat«-Datenbank des Umweltbundesamtes, bereitgestellt werden. Das Ergebnis: Je energieeffizienter das Gebäude, umso größer der Anteil der Bausubstanz an den Umweltauswirkungen über den gesamten Lebenszyklus, da der Energieverbrauch in der Nutzungsphase entsprechend gering ist. Mit den EPD-Daten können geringere Umweltauswirkungen eines Baustoffes ausgewiesen werden, denn die unabhängig überprüften Daten sind laut IBU genauer und aktueller als die generischen Daten, die zusätzlich auch mit einem 20-prozentigen Sicherheitsaufschlag zur Verfügung gestellt werden.

Doch Unternehmen würden auch von anderen EPD-Vorteilen profitieren: Sie erfassen Informationen über die ökologischen Eigenschaften ihres Produktes und können Optimierungspotenziale ableiten: Ob Produkt- bzw. Prozessverbesserungen oder besserer Marktzugang – EPDs unterstützen unternehmensintern und in der Kommunikation mit Geschäftspartnern das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen auf einer transparenten Basis.


Zertifizierungsprozess erleichtert die Orientierung

Grundlage aller Zertifizierungen bilden die Anforderungen der europäischen »EPD-Norm« EN 15804. Das Institut Bauen und Umwelt bietet als deutscher EPD-Programmhalter einen klaren Ablaufplan als Leitplanke. Unternehmen oder Verbände, die für ein spezielles Produkt oder eine Produktgruppe eine Umweltproduktdeklaration anstreben, erstellen in der für sie passenden Produktgruppe und den dazugehörigen Produktgruppenregeln (Product Category Rule, PCR) die Lebenszyklusanalyse des jeweiligen Baustoffes oder der Komponente und diese werden über einen vom IBU beauftragten externen und unabhängigen Verifizierer geprüft.

Erst dann erfolgt die Veröffentlichung der EPD. »Als zentrale Anlaufstelle für alle nachhaltigkeitsbezogenen Informationen über Bauprodukte muss sich das IBU nicht nur als Verwalter und Verifizierer von Informationen verstehen, sondern auch als intelligente Schnittstelle zwischen Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Diesen Weg wird das IBU unter Beibehaltung der Grundsätze zur strikten Material- und ­Technologieneutralität, der Performanceorientierung der Produkte sowie des Bewertungsansatzes auf Gebäudeebene auch in Zukunft konsequent verfolgen«, kommentiert Vorstandsvorsitzender Hans Peters das Selbstverständnis und die Rolle des IBU.

Stetige Entwicklung der Digitalisierung

Die Umwelt-Produktdeklarationen des IBU sind in vielfältigen Zusammenhängen verwendbar. Um Anwendern z. B. Programme für die Ökobilanzierung von Gebäuden EPD-Daten einfach, schnell und sicher zur Verfügung zu stellen, ist die Konvertierung der Daten in maschinenlesbare Dateien eine unabdingbare Voraussetzung. Hierfür habe sich in Europa mittlerweile das vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) in Zusammenarbeit mit dem IBU und anderen Programmhaltern entwickelte Format ILCD+EPD durchgesetzt. Es ist sowohl die Grundlage der vom BBSR betriebenen Ökobaudat als auch der digitalen Datenbank des IBUs, IBU.data. Das Format basiert auf XML und kann daher von praktisch allen relevanten Anwendungen ausgelesen und weiterverarbeitet sowie in jedem modernen Browser angezeigt werden. Die einfache, offene Struktur erlaubt es, das Format an wechselnde Anforderungen anzupassen und daraus Datensätze nach anderen Standards zu generieren. »So werden sich zukünftig auch abweichende Anforderungen, die sich z. B. aus unterschiedlichen Anforderungen oder Software-Umgebungen ergeben, erfüllen lassen«, erläutert Dr. Alexander Röder, Geschäftsführer des IBU.

Als Schnittstelle zwischen den Herstellern als Deklarationsinhaber einerseits und den Datennutzern andererseits treibt das IBU die Digitalisierung konsequent in zwei Richtungen voran: »Die Digitalisierung ist eines der wichtigsten Themen für das IBU«, betont Dr. Röder. »Sie ist nicht nur eine Voraussetzung, um EPDs in einer immer stärker durch BIM (Building Information Model) geprägten Planung und Projektsteuerung zu verankern, sondern bietet auch großes Potenzial, um EPDs schneller und mit weniger Aufwand zu erstellen.«

Digitalisierung aller EPDs ab 2022

Schon jetzt zeigt sich die Bedeutung der Digitalisierung beispielsweise darin, da in Ausschreibungen zunehmend EPD-verifizierte Produkte oder Komponenten gefordert werden. Demgegenüber ist der Mehraufwand für die Digitalisierung gering: Mit nur wenigen zusätzlichen Parametern ist der Weg zur Digitalisierung einer EPD geebnet. Um der steigenden Bedeutung von digitalisierten, maschinenlesbaren EPDs Rechnung zu tragen, werden ab 2022 alle neuen EPDs automatisch digitalisiert. Das Institut Bauen und Umwelt arbeitet daran, bis dahin die Erhebung der benötigten Parameter vollständig in den normalen Erstellungsprozess der EPD zu integrieren, sodass der momentan noch vorhandene Zusatzaufwand vollständig wegfällt. Auch die kontinuierlich wachsende Vernetzung mit Firmen, Instituten und Initiativen soll die angestrebte Integration von EPDs in die BIM-Welt reibungslos gestalten.

Automatisierung der EPD-Erstellung

Um die Erstellung von EPDs einfacher und schneller gestalten zu können, sind insbesondere Tools von Bedeutung, die in wachsender Zahl von Unternehmen entwickelt und genutzt werden. Tools erlauben die Ökobilanz eines Produktes nur anhand einiger weniger, im Vorfeld als wichtig identifizierter Parameter zu berechnen. Der Nutzer kann nur diese Parameter verändern; auf andere Bereiche wie die Modellierung der Prozesse oder die verwendeten Hintergrunddaten hat er keinen Zugriff, um die Einhaltung der zugrundeliegenden Normen sicherzustellen. Unterschieden werden zwei Arten von Tools: Sogenannte LCA-Tools berechnen nur die Ökobilanz. Die eigentliche Deklaration muss noch separat erstellt werden und durchläuft dann eine verkürzte Verifizierung. Bei sogenannten EPD-Tools geht man noch einen Schritt weiter und erstellt komplette EPD-Dokumente, die ohne individuelle Verifizierung veröffentlicht werden können.

SuPIM – Einfache Datenbereitstellung

In eine ähnliche Richtung geht auch das IBU-Produkt-Informationssystem SuPIM (Sustainable Product Information Module). Mit diesem neuen Angebot des Berliner Instituts lassen sich im EPD-Online-Tool produktbezogene Nachhaltigkeitsdaten an einem zentralen Ort sammeln und in Datenblätter übertragen, die jeweils den Anforderungen von spezifischen Gebäudezertifizierungssystemen wie DGNB, LEED, BNB und BREEAM entsprechen. Für Hersteller bietet sich die Möglichkeit, alle wichtigen Nachweisdaten zentral zu verwalten. Auditoren der Zertifizierungsprogramme wie auch Planer, Architekten und Bauherren können in SuPIM recherchieren und sich so alle relevanten Produktdaten und Nachweisdokumente zusammenstellen.  J

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Institut Bauen und Umwelt e.V.

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