Geiger Gruppe Mit einem langfristigen Ansatz und familiärem Zusammenhalt die Krise erfolgreich überwinden

Lesedauer: min | Bildquelle: Geiger Gruppe
Von: Christine Seif

Dass die Baubranche gerade ein tiefes Tal durchwandert, ist klar. Der Wohnungsbau ist seit vielen Monaten stark rückläufig –  im Jahr 2023 wurden laut Statistischem Bundesamt fast 100 000 Wohneinheiten weniger genehmigt als im Vorjahr, ein Rückgang um 26,6 Prozent. Insgesamt waren es nur 260 071 Wohnungen, für die Baugenehmigungen erteilt wurden, so wenig waren es zuletzt 2012. Besonders deutlich ist die Nachfrage bei den Ein- und Zweifamilienhäusern eingebrochen. Diese drastische Flaute hat bereits das ein oder andere Unternehmen der Baubranche ins Straucheln gebracht. Bei der Geiger Gruppe können die Einbrüche des Wohnungsbaus aktuell kompensiert werden. Ein starker Zusammenhalt, ein langfristiger Ansatz und breit gefächerte Unternehmensbereiche sind laut Pius Geiger, geschäftsführender Gesellschafter der Geiger Gruppe, Faktoren für den Erfolg des Unternehmens. Bereits seit über 100 Jahren gibt es die Geiger Gruppe mit Hauptsitz in Oberstdorf im Allgäu. Das Familienunternehmen wird inzwischen in vierter Generation geführt. Pius Geiger hat im baustoffPARTNER-Interview über die aktuelle Lage und die Strategie der Geiger Gruppe, diese Krise erfolgreich zu meistern, gesprochen.


baustoffPARTNER: Die Bauwirtschaft erlebt gerade eine Talfahrt – allen voran der Wohnungsbau. Die Geiger Gruppe ist ein europaweit agierendes und breit aufgestelltes Bauunternehmen:  Wie beurteilen Sie die aktuelle Marktsituation?

Pius Geiger: Die aktuelle Marktsituation gestaltet sich derzeit sehr unterschiedlich. Im Bereich des Wohnungs- und Hochbaus ist der Markt stark eingebrochen. Sowohl potenzielle Eigenheimkäufer als auch Investoren sind zögerlicher geworden. Gefühlt möchten Investoren derzeit kein unnötiges Risiko eingehen und warten die weitere Marktentwicklung deshalb ab. Im Gegensatz dazu verläuft die Lage im Bereich Infrastruktur, Sanierung, Gewerbe- und Tiefbau stabil.

baustoffPARTNER: Bemerken Sie in Deutschland regionale Unterschiede? Und wie sieht es außerhalb Deutschlands aus?

Pius Geiger: In Ballungszentren wie Stuttgart und München läuft unser Geschäft sehr gut, während wir im ländlichen Bereich Rückgänge verspüren. In Österreich und Rumänien verzeichnen wir hingegen eine stabile Entwicklung.

baustoffPARTNER: Die Geiger Gruppe verfügt über unterschiedliche Geschäftsfelder. Welche Ihrer Unternehmensbereiche sind aktuell besonders betroffen?

Pius Geiger: Aktuell sind insbesondere unsere Geschäftsfelder Hoch- und Wohnungsbau von der aktuellen Marktlage betroffen.

Hauptsitz der Geiger Gruppe mit rund 100 Standorten  ist seit über 100 Jahren Oberstdorf im Allgäu.

baustoffPARTNER: Wie geht die Geiger Gruppe damit um, welche Konsequenzen ergeben sich dadurch bzw. haben sich schon ergeben?

Pius Geiger: Wir versuchen unsere Kräfte zu bündeln und rücken enger zusammen. Zum einen helfen die gut laufenden Einheiten den betroffenen Einheiten aus. Auch das Personal versucht sich gegenseitig auszuhelfen. Hier ist von allen Beteiligten Flexibilität gefragt.

Wir investieren aber weiterhin in für uns zukunftsträchtige Projekte und Effizienzsteigerungen, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen.

baustoffPARTNER: Hat die derzeitige Krise Auswirkungen auf geplante Investitionen der Geiger Gruppe? Wenn ja, inwiefern?

Pius Geiger: Wir gehen mit unserem Investitionsbudget selektiver um.

baustoffPARTNER: Was sind Ihrer Meinung nach die Hauptprobleme der derzeitigen Krise?

Pius Geiger: Wir sehen nicht ein Hauptproblem, sondern die Verkettung mehrerer Themen. Wir kommen aus der Coronazeit mit Materialverknappung, die in den Ukrainekrieg mit weiteren Verteuerungen mündete. Die darauf folgende notwendige Zinserhöhung hat weiter auch das Kapital verteuert. Somit ist Bauen privat kaum mehr leistbar oder schlägt stark auf die Rendite von Investoren.

Hilfreich in dieser Zeit wären planbare Förderprogramme, um die Zeit bis zur Marktneutralisierung zu überbrücken. Denn das Problem Wohnen, schlechte Infrastruktur und Energiewende bleiben ja bestehen. Leider schafft das aktuelle Handeln der Politik mehr Unsicherheit als Planungssicherheit und bestärkt die »Abwarte«-Haltungen.


baustoffPARTNER: Die Geiger Gruppe ist ein Familienunternehmen in vierter Generation, das auf eine 100-jährige Geschichte zurückblicken kann – denken Sie, dass Ihnen das in den aktuellen Zeiten einen Vorteil verschafft?

Pius Geiger: Ja, definitiv. In unseren 100 Jahren haben wir zahlreiche gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen erlebt und aus Krisenzeiten sind wir stets gestärkt hervorgegangen. Unser langfristiger Ansatz, der nicht auf kurzfristige Quartalszahlen ausgerichtet ist, gibt uns die Flexibilität und Beständigkeit, um auch in den aktuellen turbulenten Zeiten erfolgreich zu navigieren.

baustoffPARTNER: Was sind Ihre Prognosen für das Jahr 2024? Wann denken Sie, entspannt sich die Situation wieder?

Pius Geiger: Die ersten wirtschaftlichen Indikatoren deuten auf eine leichte Entspannung hin. Zwar werden Zinssenkungen erwartet, jedoch wird ihr Einfluss auf die Bauwirtschaft voraussichtlich erst in ein bis zwei Jahren spürbar sein. Entscheidend wird der Start der Branchen nach den Wintermonaten sein. Wir gehen davon aus, dass sich die Situation im dritten und vierten Quartal langsam verbessern wird. Für diese Zeit verfügen wir erfreulicherweise noch über gute Auftragsbestände.

Die Geiger Gruppe

1923 hat Wilhelm Geiger das Unternehmen gegründet und seither hat sich Geiger zu einem vielseitigen Firmenverbund mit mehr als einem Dutzend Geschäftsfeldern entwickelt. Heute erwirtschaftet die Geiger Gruppe rund 850 Millionen Euro Umsatz pro Jahr und beschäftigt über 4000 Mitarbeiter an über 100 Standorten im deutschen und europäischen Raum. Die Geiger Gruppe bedient vier große Bereiche – der erste davon ist »Gestalten & Bauen« mit den Themen Projektentwicklung, Schlüsselfertigbau, Holzsystembau, Hoch-und Tiefbau sowie Energietechnik. »Erhalten & Sanieren« ist der zweite Schwerpunkt, der mit Bauwerksanierung, Absaugen und Verfüllen sowie Kanalsanierung abgedeckt wird. Umweltsanierung, Abbruch und Recycling bedienen das Thema »Aufbereiten & Recyceln« und für den Bereich »Gewinnen & Entsorgen« bietet die Geiger Gruppe Baustoffe, Entsorgung, Mineralstoffbehandlung und Logistik. Diese Leistungsbereiche basieren dabei auf dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft, das heißt: Geiger gestaltet und baut, erhält und saniert, bereitet auf und recycelt, ganz im Sinne eines möglichst geschlossenen Kreislaufs. Da noch nicht überall eine Wiederverwertung möglich ist, gewinnt und entsorgt Geiger auch – und zwar mit einer hohen Zuverlässigkeit sowie Verantwortungsbewusstsein.

Ungeachtet ihrer Größe ist die Geiger Gruppe über 100 Jahre bis heute ihrer Firmenphilosophie treu geblieben: »langfristig eigenständig erfolgreich sein«. Inzwischen wird die Geiger Gruppe bereits in vierter Generation geleitet.

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