»Wir werden uns als Lösungsanbieter weiter etablieren«

Die Weiterentwicklung zukunftsweisender keramischer Baustofflösungen hat sich Wienerberger auf die Fahne geschrieben. Welche Rolle in diesem Zusammenhang Kundenorientierung und Vertriebsausrichtung spielen, erläuterten in einem Redaktionsgespräch in der Unternehmenszentrale in Hannover Diego Dittmers, Vertriebsleiter Poroton, Terca, Penter und Kamtec sowie Mitglied der Geschäftsleitung, und Johannes Worschech, Vertriebsleiter Argeton und Export Wand. Einen weiteren Schwerpunkt des Gesprächs bildeten die neuesten Entwicklungen im Bereich der Fassadenlösungen.

Lesedauer: min

Baustoff-Partner: Herr Dittmers, Sie sind für den bundesweiten Vertrieb von Poroton-Wandlösungen, Terca-Fassadenlösungen, Penter-Pflasterklinker und Kamtec-Schornsteinsystemen bei Wie­nerberger verantwortlich. Im Fokus Ihrer Arbeit steht die strategische Vertriebsausrichtung mit Blick auf eine starke Kundenorientierung. Wie zeigt sich das in Ihrem Tagesgeschäft?

Diego Dittmers_ Seit nunmehr eineinhalb Jahren bin ich mit dieser neuen Aufgabe betraut. Wir haben Anfang des vergangenen Jahres intensiv damit begonnen, unsere Gebiets- und Regionalstrategie neu zu ordnen, und dies unter enger Einbindung aller Abteilungen.
Für jede Vertriebsregion und sogar für jedes einzelne Verkaufsgebiet wurde eine individuelle Strategie zur Markt­bearbeitung mit den jeweiligen Bauberatern entwickelt. Dabei ging es im Detail darum, unsere Wachstums­potenziale zu optimieren. Das ist ein ­wesentlicher Bestandteil der gesamten Unternehmensstrategie und zieht sich wie ein roter Faden durch alle Abteilungen.
Hinter uns liegt ein hartes Stück Arbeit, aber wir konnten diesen Prozess erfolgreich abschließen. Heute sind Produktion und Vertrieb noch besser »im Flow«...

Baustoff-Partner: Wienerberger hat es sich zum Ziel gesetzt, zukunftsweisende keramische Baustofflösungen weiter zu entwickeln. Wie sieht das konkret aus? Was steht auf der Agenda?

Dittmers: Zurzeit ist zu beobachten, dass wir in einigen Regionen Deutschlands ein enormes Wachstum im mehrgeschossigen Wohnungsbau verzeichnen. Ich nenne hier beispielhaft die Metropolen Hamburg, Berlin, Frankfurt und München, aber auch das Ruhrgebiet bietet erfreuliche Prognosen. In diesem Segment waren wir produktseitig vor einigen Jahren noch nicht so umfassend aufgestellt. Wir haben mittlerweile sehr viel Kraft in die Weiterentwicklung unserer Poroton-Wandlösungen für den mehrgeschossigen Bau gesteckt und verfolgen dies auch weiter. In diesem Bereich sehen wir in den kommenden Jahren noch enormes Potenzial. Heute ist die Entwicklung der Ziegelsysteme bereits so weit vorangeschritten, dass wir neungeschossige Gebäude mit Poroton-Ziegeln errichten können.Baustoff-Partner: »Das Unternehmen durch eine klare Markenführung stärken«, heißt eines der Ziele. Wie nimmt der Markt, wie nehmen Ihre Kunden diese »klare Markenführung« wahr?

Dittmers: Unser erklärtes Ziel ist nach wie vor, unser Unternehmen unter der starken Marke Wienerberger als Lösungsanbieter für Wand, Dach, Fassade, Freifläche und Schornsteintechnik weiter zu etablieren. Wir schärfen unsere Markenpositionierung und kommunizieren dies unseren Kunden sehr direkt und konsequent.
Einen wichtigen Schritt in diese Richtung haben wir durch eine neue Abteilung innerhalb unserer Vertriebsorganisation geschaffen, die sich »Wienerberger Projektmanagement« nennt.
Hier haben wir aus eigenen Reihen Ingenieure und Architekten zu einem Team geformt, die Wienerberger mit seinem kompletten Produktportfolio im Markt repräsentieren und die Kunden »ganzheitlich« über das breite Sortiment beraten können. Somit haben Planer, Investoren und Bauunternehmer einen einzigen Ansprechpartner, der sich um ihr Objekt kümmert – und das von der Entwicklung bis zur Fertigstellung.
Im klassischen Außendienst setzen wir zukünftig bei den Bauberatern auf den sogenannten »Rucksackvertrieb«. Das heißt, der Vertriebsmitarbeiter von Wienerberger wird den Produktbereich Poroton beraten sowie ebenfalls das Sortiment Terca. Auf diese Weise hat der Baustoffhandel für den Bereich Wand nur einen Ansprechpartner. Auf diesen zwei verschiedenen Wegen werden wir unsere Effizienz steigern. Davon unberührt ist der Vertrieb Pflasterklinker, der ohnehin teilweise andere Partner im Handel hat.Baustoff-Partner: Das von Ihnen genannte »Wienerberger Projektmanagement« ist also die Schnittstelle zwischen den Bauberatern vor Ort, den Investoren und Planern. Welche Rolle spielt der Baustoff-Fachhandel in diesem Szenario?

Dittmers: Der Fachhandel ist und bleibt unser Partner Nummer eins, denn er ist der wichtigste Multiplikator für unsere Produkte, Lösungen und ­Leistungen. Er hält vor allem im Bereich des Einfamilienhausbaus zu den Bauherren und kleineren Bauunternehmen einen engeren und intensiveren Kontakt als wir es aufgrund unserer Personalstruktur leisten könnten. Im Bereich der Großprojekte spielen wir im Gegenzug die Bälle an den jeweiligen Händler zurück, sodass für beide Parteien eine echte Win-win-Situation entsteht. Und das zeichnet doch echte Partnerschaft aus.

Baustoff-Partner: Welche Rolle nimmt die Wienerberger Deutschland GmbH innerhalb der Wienerberger AG ein?Dittmers: Die deutsche Wienerberger GmbH ist eine sehr wichtige Einheit, gewissermaßen eine tragende Säule innerhalb der Wienerberger CBME (Clay Building Materials Europe). Wir verfügen über ein sehr vielfältiges Produktprogramm, das die Anwendungsbereiche Außenfläche, Wand und Fassade bis zum Dach abdeckt. Das ist in dieser Form nur in wenigen Ländern zu finden. Und da sind wir schon wieder beim Thema Lösungsanbieter…

Baustoff-Partner: Kommen wir zu den »Fassadenbaustoffen«: Welchen Stellenwert haben die Produktbereiche Terca und Argeton?

Dittmers: Das Vormauergeschäft ist eine sehr wichtige Säule für Wienerberger Deutschland und natürlich ganz Europa. Der Produktbereich Argeton wiederum ist ein stark international ausgerichtetes Standbein. Hier haben wir bereits zahlreiche Großprojekte auch in Fernost realisiert.

Baustoff-Partner: Im März hatte das Institut Bauen und Umwelt Argeton mit der Umwelt-Produktdeklaration (EPD) ausgezeichnet. Herr Worschech, wie bewerten Sie diese Auszeichnung?

Johannes Worschech_ Nachhaltigkeit spielt für uns eine sehr große Rolle. Allein das »e4-Konzept« der Wienerberger AG, das unter den vier Eckpunkten »Energy, Economy, Environment, Emotion« Häuser entwickelt, die weit über den Anforderungen aus den Richtlinien der EU 2020 liegen, spiegelt den Stellenwert wider.
Die EPD-Auszeichnung ist für uns auch von großer Bedeutung, weil in Ländern wie Großbritannien, USA oder Österreich Zertifikate für Nachhaltigkeit wie das EPD bei öffentlichen Ausschreibungen vorgeschrieben sind. Aber auch ohne diese Forderungen wollten wir natürlich für unsere Kunden die Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit unserer Produkte von »offizieller Seite« bestätigt wissen.

Baustoff-Partner: Argeton-Fassadenplatten werden weltweit als vorgehängtes, hinterlüftetes Fassadensystem vertrieben. Wo befinden sich die Kernmärkte und wie ist das Verhältnis zwischen Neubau und Sanierung beim Einsatz dieses Produktes?

Worschech: In jüngster Vergangenheit waren wir an außergewöhnlichen Referenzobjekten zum Beispiel in Russland, China, England oder Kasach­stan beteiligt. Der Großteil unserer Produkte kommt außerhalb Deutschlands zum Einsatz; davon werden etwa 40 % in nichteuropäischen Ländern vertrieben. Der Fokus unseres Geschäftes liegt aber in Mitteleuropa. Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien sind hier die wichtigsten Märkte. Mittelfristig werden auch BeNeLux und Skandinavien eine große Rolle bei unseren Aktivitäten spielen.
Im internationalen Projektgeschäft spielt der Sanierungsmarkt naturgemäß nur eine untergeordnete Rolle. In Deutschland sieht das ein wenig anders aus. Eine Ursache liegt im teilweise katastrophalen Zustand von Kommunalbauten, beispielsweise der Schulgebäude. Verstärkt kommen hier Argeton-Fassadenplatten bei der Sanierung zum Einsatz.

Baustoff-Partner: Welche Akzeptanz haben hinterlüftete Fassadensysteme in Deutschland? Welche Vorteile bieten sie? Und mit welchen anderen Materialien steht Argeton hier im Wettbewerb?

Worschech: Vor allem im Objektbau kommen vorgehängte hinterlüftete Fassaden (VHF) sehr häufig zum Einsatz. Über die Vorteile von VHF könnte ich jetzt einen umfangreichen Vortrag halten, daher hier in gebotener Kürze:Da Witterungs- und  Wärmeschutz voneinander getrennt sind, ist die Schadensanfälligkeit bei vorgehängten hinterlüfteten Fassaden sehr gering. Auch sind Lösungen für Brand-, Schall- und Blitzschutz problemlos möglich. Und nicht zuletzt erweist sich dieses System aufgrund seiner langen Lebensdauer und des geringen Wartungsaufwands als wirtschaftlich und nachhaltig. Sicherlich gibt es eine Vielzahl unterschiedlichster Möglichkeiten, eine Fassade zu gestalten. Aber im Vergleich zu den Wettbewerbsprodukten – wie zum Beispiel Faserzement oder High Pressure Laminate (HPL) – sind wir nachhaltiger und kostenseitig vergleichbar.

Baustoff-Partner: Welche Produkteigenschaften sprechen für den Einsatz von Argeton?

Worschech: Unsere Produkte werden aus Ton, einem natürlichen Rohstoff, hergestellt, der langlebig ist. Sie finden noch heute weltweit Gebäude aus Ziegeln, die über 2000 Jahre alt sind und Architekturgeschichte mitgeschrieben haben. Wir bieten unseren Kunden eine Vielzahl an gestalterischen Möglichkeiten. Die natürliche Optik und Haptik sowie die Tatsache, dass wir individuell Wünsche und Anforderungen an Farben, Glasuren oder Formen unserer Kunden erfüllen, werden sehr geschätzt. Man muss ja bedenken, dass eine Fassade wie kein anderes Bauteil die Handschrift und damit die Kreativität des Architekten widerspiegeln soll. Dafür bringen wir unsere ganze Erfahrung ein.Baustoff-Partner: Wie erfolgt die Marktbearbeitung? Welche Rolle spielen Architekten, Baustoffhändler und die Verarbeiter?

Worschech: Wir arbeiten sehr eng mit Architekten, Planern und Investoren zusammen. Im weiteren Schritt spielt natürlich der Verarbeiter – in der Regel der Fassadenbauer – eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für oder gegen ein Produkt. Für den Baustoff-Fachhandel haben wir außerdem mit unserem Produkt Argelite ein sehr verarbeitungsfreundliches Fassadensystem entwickelt. Bislang wurden die Platten nur individuell auf Kundenwunsch gefertigt.

Baustoff-Partner: Für welche Einsatzbereiche empfehlen Sie Argelite?

Worschech: Argelite ist eine weitere Antwort auf die große Nachfrage aus dem Markt. Während wir mit Argeton in erster Linie das Objektgeschäft bedienen, ist Argelite, das wir erst seit kurzem aktiv vermarkten, das Fassadenprodukt vor allem für Ein- und Zweifamilienhäuser. Jetzt sind unsere keramischen Platten auch in kleinen Chargen verfügbar, wie sie eben im Ein- und Zweifamilienhausbau – manchmal auch nur für Teilbereiche der Fassade – benötigt werden.
Wir bieten hier als einziger Ziegelproduzent eine Lösung, die über den Fachhandel an den Verarbeiter vertrieben wird. Zunächst primär für den Sanierungsmarkt entwickelt, wird Argelite mehr und mehr auch bei Neubauten eingesetzt. Das Besondere dabei ist, dass unterschiedliche Fassadensysteme miteinander kombiniert werden können, wie zum Beispiel Argelite mit Putz oder mit ­Terca-Klinkern.

Baustoff-Partner: Sie haben das Stichwort gegeben_ Der Produktbereich Terca umfasst mehr als 300 Vormauerziegel und -klinker. Man bekommt in den Neubaugebieten der »klassischen Klinkerregionen« von NRW oder Niedersachsen gelegentlich den Eindruck, dass verputzte Fassaden auf dem Vormarsch sind? Herr Dittmers, trifft das zu?

Dittmers: Nein, dieser Eindruck entspricht nicht der Realität. Sicherlich gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Fassadengestaltungen, jedoch ist und bleibt die Vormauerfassade die nachhaltigste Lösung, die auch den größten Anteil hat. Gerade im Objektgeschäft ist hier eine Trendwende zu erkennen, weg von zusatzgedämmten Lösungen und hin zur Zweischaligkeit oder alternativ der verfüllte Ziegel als monolithisch verputzte Variante.

Baustoff-Partner: Was spricht für zweischalige Wandkonstruktionen, was sind die Vorteile?

Dittmers: Um es kurz zu beschreiben_ Sie sind eine dauerhaft wetterbeständige Lösung für viele Generationen – ohne Wartungs- und Sanierungsaufwand.

Baustoff-Partner: Wie kommunizieren Sie dies Ihren Zielgruppen?

Dittmers: Über die unterschiedlichsten Kanäle: Zum einen über unsere Fachberater und unsere technischen Berater im Außendienst sowie Innendienst. Darüber hinaus sind alle unsere Marketinginstrumente und -maßnahmen darauf zugeschnitten. Und nicht zuletzt platzieren wir dieses Thema auf Messen wie der BAU in München und der NordBau in Neumünster.

Baustoff-Partner: Warum können sich die Vormauerziegel in den südlichen Bundesländern nicht durchsetzen? Argumentiert wird hier immer gern mit der »Tradition«. Viele der erst wenige Jahre alten, weiß verputzten Neubauten in meiner Nachbarschaft könnten schon wieder einen neuen Anstrich vertragen...

Dittmers: Vielen Dank für diese Steilvorlage. Das sind genau unsere Argumente_ Nachhaltigkeit und geringer Wartungsaufwand. Der Süden hat eine starke Putztradition, während wir hier im Norden der Vormauer zugeneigt sind. Es war erstaunlich zu beobachten, dass wir auf der diesjährigen BAU gerade auch von Kunden und Interessenten aus den südlichen Bundesländern ein starkes Interesse an unseren Vormauerprodukten erfahren konnten. Wienerberger, aber auch ich als verantwortlicher Vertriebsleiter und »Nordlicht«, geben die Hoffnung nicht auf, dass wir den Süden der Republik von der nachhaltigen Bauweise überzeugen können. Ich sehe es als eine »Herzensangelegenheit« an, die Vormauerfassade im Süden weiter voran zu bringen. Mein Glaube an eine Trendwende ist ungebrochen...

Gerd Rottstegge

[20]
Socials