Von der Schiene zur Systemlösung

Bekanntlich ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Das Gleiche gilt auch für Erfinder. Wirklich gute Ideen sind zumeist das Ergebnis langjähriger Erfahrung, gepaart mit einer guten Portion Kreativität. Und das galt auch und gilt bis heute für Werner Schlüter, dessen Erfolgsstory im Jahre 1966 mit der Gründung eines Fliesenverlegebetriebs ihren Anfang nahm.

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Im Jahr 1975 stand der damals 32-jährige Fliesenlegermeister mit seinem Betrieb im sauerländischen Iserlohn vor dem Problem, in einem Badezimmer mit fünf Türen einen sauberen Abschluss des Mosaikbodens herzustellen. So kam ihm die zündende Idee mit der Schiene_ Eine steile Unternehmenskarriere nahm ihren Lauf. Heute – nach 37 Jahren – steht der Name des jungen Fliesenlegers für eine international erfolgreiche Marke und ein ebenso erfolgreiches Unternehmen.

Von der Schiene zum System – mit innovativen Ideen und hochwertigen Produkten und Systemlösungen ist die Schlüter-Systems KG heute Marktführer im Segment rund um die Fliese. Mit 800 Beschäftigten in Europa, den USA, Kanada sowie insgesamt sieben Niederlassungen setzt Schlüter-Systems seit über vier Jahrzehnten national und international Maßstäbe für Detail- und Systemlösungen bei der Verlegung und Verarbeitung von Fliesen und Platten.

»Dass sich das Ganze derart rasant entwickeln würde, hätte ich mir damals nicht träumen lassen«, so Werner Schlüter rückblickend. »Der Start erfolgte mit lediglich fünf Produkttypen – heute umfasst unser Lieferprogramm mehr als 8000 technische Produkte und Systemlösungen, die sich als eigenständiges Marktsegment in der Fliesenbranche etabliert haben.«

Angefangen hatte der Firmengründer mit der in Fachkreisen schnell bekannt gewordenen Schlüter-Schiene, deren Produktion im Jahre 1975 begann. Aus diesen Anfängen ist im Laufe der Jahre ein stetig erweitertes Profilangebot entstanden_ Bis heute wurden mehrere 100 Millionen laufende Meter Schlüter-Profile von Fliesenlegern in aller Welt verbaut.

 

Wandel in der Fliesenbranche


Bekam die Unternehmensentwicklung bzw. der ständige Innovationsprozess mit den Jahren eine gewisse Eigendynamik? »Mit unserem aus den Anfängen relativ schnell gewachsenen Profil-Angebot, inklusive zusätzlicher Höhen und Materialien bis hin zu einigen farbigen Profiltypen, war eine gute Basis mit breiter Bekanntheit der Marke ‚Schlüter-Schiene` in der Fliesenbranche geschaffen«, erinnert sich Werner Schlüter.

Die Fliesenbranche unterlag vor allem ab den 1960er Jahren einem starken Wandel von der Mörtelverlegung zur Dünnbettverlegung mit Fliesenkleber. »Dies hatte zur Folge, dass auch andersartige Untergründe als Verlegeuntergründe verwendet wurden. Auch der schwimmende Estrich entwickelte sich ab den 1970er Jahren. Und die mit dem neuartigen ‚Schnellbrandverfahren’ hergestellten Fliesen, die in den 1980er Jahren zunächst von Italien aus in den Markt drängten, erforderten beispielsweise neue Lösungen für die Außenecken«, so Schlüter.

»Mit der Zeit wurden auch die Formate größer und vielfältiger, und auch Verbundabdichtungen, Bodenabläufe sowie Balkon- und Terrassenaufbauten waren, um nur einige Beispiele zu nennen, ungelöste Problemfelder. Um diese als Entwicklungspotenzial für Problemlösungen zu nutzen, hat sich der unmittelbare Kontakt zur Praxis über das bis heute bestehende Fliesenfachgeschäft Fliesen-Schlüter als nützlich und wichtig erwiesen. Natürlich stehen wir auch im ständigen Kontakt und Dialog mit den Fliesenlegern sowie den Entscheidungsträgern im Fliesen- und Baustoffgroßhandel und können so unser Branchen-Know-how ständig weiterentwickeln.«

Sicherlich entwickelte das Unternehmen so auch eine gewisse Eigendynamik, die aber keinesfalls mit einem ‚Selbstläufer’ zu verwechseln sei. Werner Schlüter: »Es ist uns gelungen, unter der Dach-Marke Schlüter-Systems unsere Produkte als ‚Produkt-Marken’ zu etablieren, die oft als Synonym für bestimmte Problemlösungen stehen.«

 

Meilensteine der Unternehmensgeschichte


Mit dem Balkonrandprofil »Bara« 1979 und der Balkondrainage »Troba« 1982 gelang ein weiterer Coup. Sie legten die Basis für das Marktsegment der funktionssicheren Beläge auf Balkonen und Terrassen, der heute alle relevanten Aufbauten für Außenbereiche umfasst. Mit der Erfindung der Entkopplungsmatte »Ditra« erfolgte 1987 ein weiterer Meilenstein der Unternehmensgeschichte. Zeitgleich wurde auch die Bahnenabdichtung »Kerdi« als erster Schritt in Richtung Verbundabdichtung eingeführt.

Mit dem »Bekotec«-System für Belagsaufbauten über Dämmschichten und Fußbodenheizungen wurde 1998 eine Lösung für die Problematik der Fliesenverlegung über schwimmenden Estrichen und Fußbodenheizungen entwickelt. Durch die Entwicklung des Keramik-Klimabodens »Bekotec-Therm« wurde dieses Kompetenzfeld konsequent erweitert. In den Jahren 2009 und 2010 wurden mit »Kerdi-Shower« und »Kerdi-Line« schließlich Systemlösungen für den Bau barrierefreier Duschen mit Punkt- und Linienentwässerung auf den Markt gebracht. Die perfekt ineinandergreifenden Komponenten ermöglichen den schnellen und sicheren Bau bodengleicher Duschen in Verbindung mit der »Kerdi«-Abdichtung.

 

»Aus der Praxis für die Praxis«


Wie stellt sich die Entwicklung eines neuen Produktes dar – von der ersten »Idee« bis zur (»System)-Lösung«?

»Einer unserer langjährigen Slogans lautet ‚Aus der Praxis für die Praxis’«, erläutert Werner Schlüter. Das mache deutlich, dass man zunächst sein eigenes Know-how nutze, um Problemstellungen des Fliesenverlege-Gewerbes zu erkennen und daraus Produkte und Systeme als Problemlösung zu entwickeln. Solche Problemstellungen würden auch direkt von der Baustelle durch die Außendienstmitarbeiter herangetragen, wobei die Mitarbeiter in den sieben Auslandsniederlassungen für einen Querschnitt der international unterschiedlichen Bedürfnisse sorgten.

»Ein Produktausschuss diskutiert dann die vorliegenden Problemstellungen und mögliche Ideen für Lösungen. Aufgabe der Abteilung Forschung und Entwicklung ist es dann, diese neu entwickelten Produktideen zur praxisgerechten Marktreife zu bringen, wobei bei Bedarf auch entsprechende Vorlieferanten mit einbezogen werden. Bis zur endgültigen Einführung eines Produkts inklusive Verpackung, Werbemitteln und allen erforderlichen Schritten zur Einlagerung ist es also ein komplexer Prozess. Unser Ziel ist es schließlich, alle Produkte aus unserem Lieferprogramm lieferfähig auf Lager zu haben.«

 

Potenzial in den etablierten Märkten


Bereits seit 1989 bearbeitet Schlüter von internationalen Niederlassungen aus seine wichtigsten Auslandsmärkte. Diese befinden sich in den USA, in Kanada, Großbritannien, Italien, Spanien, Frankreich und der Türkei.

Wo sieht Schlüter bei der Entwicklung der Märkte noch weiteres Potenzial?

»Unser Hauptentwicklungspotenzial sehen wir bis auf Weiteres in den Märkten, in denen wir bereits etabliert sind – wenn man so will das »alte Europa« sowie Nordamerika«, erklärt Werner Schlüter. »Hier konnten wir über viele Jahre ein kontinuierliches Wachstum generieren, und hier sehen wir für unser Produktsegment auch weiterhin unsere Wachstumsmärkte. In anderen Ländern und Regionen sehen wir die Marktstrukturen an der Basis Handwerk/Handel noch nicht in der Form strukturiert, als dass wir hier die Möglichkeit sehen, unsere erklärungsbedürftigen Produkte und Systeme effektiv in den Markt zu bringen. Es entwickeln sich jedoch aus verschiedenen Ländern immer wieder interessante Projekte.«

 

Für die Zukunft bestens aufgestellt


Auch die Unternehmensnachfolge ist im Hause Schlüter bereits geregelt. Die Söhne Udo (43 - Studium der Betriebswirtschaft und Fertigungstechnik) und Marc (38 - Studium der Betriebswirtschaft) sind beide seit fünf Jahren als Geschäftsführer in das Unternehmen integriert. Sie befassen sich vor allem mit der Prozessentwicklung und -weiterentwicklung der verschiedenen Unternehmensbereiche, der Einbindung der Auslandsgesellschaften und der Optimierung der IT-Struktur. »Unsere Unternehmensgruppe beschäftigt etwa 800 Mitarbeiter, deren effektiver Einsatz gute Unternehmensstrukturen voraussetzen. Auf diese Weise wird die entsprechende Grundlage für notwendige Unternehmensentscheidungen geschaffen«, so der Senior-Chef.

Wo sieht sich Schlüter in zehn, zwanzig Jahren? Wird es neue Betätigungsfelder geben?

Werner Schlüter: »Eine seriöse Prognose für einen solch langen Zeitraum ist sicher kaum möglich. Ich selber werde in diesem Jahr 70 und werde mich gemeinsam mit meiner Frau, die ja ebenfalls von Anfang an im Unternehmen tätig ist, zunehmend aus dem Tagesgeschäft zurückziehen. Aber ich bin mir sicher, dass unser Unternehmen für eine weiterhin erfolgreiche Zukunft bestens aufgestellt ist. In der bisherigen Unternehmensgeschichte ist kein Jahr ohne innovative Neuprodukte vergangen, und auch für die Zukunft sehe ich genügend Innovations- und Entwicklungspotenzial.« Zurzeit befasse man sich u.a. sehr stark mit dem Thema ‚Energiesparen mit Keramik’, wobei das »Bekotec-Therm-System« eine zentrale Rolle spiele. Ein weiteres wichtiges Thema seien Komplettsysteme bodengleicher, barrierefreier Duschen. »Diese Systeme sind gute Beispiele für die Schnittstellen mit dem Heizungs- und Sanitärgewerbe und bieten unseren Marktpartnern im Handwerk und im Handel die Möglichkeit, zusätzliches Marktpotenzial zu generieren. Ich bin nach wie vor fest davon überzeugt, dass der dreistufige Vertriebsweg mit einer klar positionierten Markenpolitik weiterhin die richtige Philosophie und Vertriebsstruktur unseres Unternehmens ist und sein wird.«

Gerd Rottstegge
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