So geht Tür heute!

Der Online-Shop Türenheld.de eröffnet sein erstes stationäres Ladengeschäft und geht damit ungewöhnliche Wege. Ein Schritt zurück? Oder doch eher effiziente Chancennutzung auf einem hart umkämpften Markt?

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Wir haben bei Geschäftsführer Jens Schriefer nachgefragt, was er mit der neuen Strategie bezweckt. Ist das Multi-Channel-Geschäft mit einer engen Vernetzung zwischen Online und Offline der Bauelemente-Handel von morgen?

Baustoff-Partner: Das Online-Geschäft boomt nach wie vor. Lange galt die Bauelementebranche als nicht praktikabel für das Online-Geschäft. Zu beratungsintensiv, zu technisch anspruchsvoll. Spätestens seitdem auch Baumärkte ihr gesamtes Sortiment im Netz anbieten, ist das jedoch widerlegt. Fenster und Türen – selbst in Sondergrößen werden heute über das Internet verkauft. Die Onlineshops sprießen wie Pilze aus dem Boden. Das Geschäft läuft. Und doch gehen einzelne Händler nun den Weg zurück ins Offline-Geschäft. Bekannte Beispiele aus anderen Branchen sind Mymüsli oder Amazon, die klassische Ladengeschäfte eröffnen. Herr Schriefer, Sie machen das jetzt auch mit Ihrem Türen-Onlineshop Türenheld.de. Warum? Sind die »grenzenlosen Möglichkeiten« des Internets doch endlich?

Jens Schriefer_ Wenn Sie mich so direkt fragen, würde ich antworten_ Ja! Auch wenn das Online-Geschäft mit Sicherheit in Zukunft das Zugpferd von Türenheld bleiben wird, bin ich überzeugt davon, dass es ohne eine breite Aufstellung auf sowohl Online- als auch Offline-Kanäle nicht möglich sein wird, am Markt zu bestehen.

Baustoff-Partner: Wie meinen Sie das?Schriefer: Sicher, e-Commerce wird stets ein wichtiger Bestandteil des Handels sein. Und da ist es ganz normal, dass es eine ganze Menge an Trittbrettfahrern gibt, die auf den Zug aufspringen und sich gerne auch mal abschauen, wie es die Erfolgreichen machen. Da gilt es sich a) abzuheben, b) flexibel zu sein und c) möglichst vielen Kundenverhalten offen zu stehen. Wir müssen uns dem Kunden anpassen – nicht der Kunde uns. Und jeder Kunde hat ein individuelles Kaufverhalten. Der eine möchte nur mit Kreditkarte bezahlen. Ein anderer zahlt nur auf Rechnung. Und ein Dritter möchte das Produkt anfassen, bevor er viel Geld ausgibt. Das Fehlen auch nur eines dieser Kanäle kann bedeuten, dass der Kunde seinen Kauf abbricht und sich an anderer Stelle Vergleichbares kauft.

Baustoff-Partner: Das ist das klassische Kanal-Hopping, vor dem so viele Händler Angst haben_ Die Beratung mitnehmen, aber den Deal nicht abschließen...

Schriefer: Genau. Aber meckern und sich darüber beschweren hilft nicht. Denn Kanal-Hopping werden Kunden vermutlich immer mehr praktizieren und den jeweils für sich bequemsten und vorteilhaftesten Kanal wählen. Deswegen ist es unser Ziel, mit einer ausgeklügelten Multi-Channel-Strategie möglichst viele Hürden auf dem Weg zum Türenkauf zu beseitigen oder zumindest weniger hoch erscheinen zu lassen.

Baustoff-Partner: Was konkret sind diese »Hürden« im Onlinegeschäft?Schriefer: Jeder Käufer hat seinen Lieblingskanal, über den er einkauft. Wir bieten zwar individuelle Beratung über das Telefon. Wir erscheinen über Youtube-Tutorials und Sport-Sponsoringpräsenz des Türenheld-Maskottchens dem Kunden sehr persönlich. Und bei Bedarf verschicken wir Muster- und Farbtafeln für ein Mindestmaß an haptischem Erlebnis. Aber das ersetzt nicht das reale Shopping-Erlebnis. Wir wollen mit unserer neuen strategischen Ausrichtung gerade die Kundengruppen für uns gewinnen, die sich vielleicht noch nicht trauen, so verhältnismäßig hochpreisige, technisch anspruchsvolle Produkte wie Türen online zu kaufen. Die »Hürde« des Unbekannten nehmen Menschen in der »Vor-Ort-Situation« leichter, als sich online anzumelden und über Vorkasse zu kaufen.

Baustoff-Partner: Was ist das Besondere am Türenheld-Store?Schriefer: Wir haben versucht, die virtuelle Welt eines Online-Shops real erlebbar zu machen. Helles, cleanes Design gepaart mit einem Höchstmaß an haptisch anfassbaren Exponaten. Als Unterstützung zum Beratungsgespräch nutzen unsere Mitarbeiter den direkten Zugang in den Onlineshop. Große Touch-Displays und Übertragung auf überdimensionale Bildschirme an der Wand schaffen ein ganz neues Einkaufsgefühl. Plötzlich ist Online-Shoppen gar nicht mehr unpersönlich. Unsere Kunden finden das toll. Das Feedback ist durchweg positiv. Und wir haben Visionen. Gerade auch hinsichtlich technologischer Entwicklungen bezüglich der Förderung des Kauf­erlebnisses.

Baustoff-Partner: Können Sie uns Ihre Visionen konkretisieren?

Schriefer: (lacht) Seien Sie mir nicht böse, aber so lange die Umsetzung noch nicht konkret wird, behalte ich unsere Ideen noch für mich. Lassen Sie sich überraschen!
Der erste Türenheld-Store in Stuhr wird ein Vorbild sein, für das, was möglich ist. Es ist nicht auszuschließen, dass es vielleicht auch an anderen Standorten in Deutschland bald Türenheld-Präsenzen geben wird.

Baustoff-Partner: Die Unternehmensmutter von Türenheld.de, die Fenster & Türen Welt, ist ein klassischer Bauelementehandel mit Beratung, Aufmaß und Montage. Der Türenheld-Store ist am selben Standort. Bringt das keine Probleme mit sich? Wenn man da vor allem an die Preisgestaltung vergleichbarer Produkte denkt?Schriefer: Da haben wir im Vorfeld tatsächlich auch lange darüber diskutiert. Und im ersten Moment erscheint es als Problematik. Ist es aber nicht. Selbstverständlich haben wir Online die Möglichkeit, einen besseren Preis für das gleiche Produkt zu machen, als in der Fenster & Türen Welt. Dafür gibt es bei der Online-Bestellung auch niemanden, der für ein Beratungsgespräch nach Hause kommt und das fachgerechte Aufmaß übernimmt. Vom Online-Kunden wird auch eine Vorkasse erwartet. Der Kunde der Fenster & Türen Welt hingegen gibt die volle Verantwortung an die Fachleute ab und bekommt die Rechnung erst im Anschluss an die vollendete Montage. Also ein deutlich größerer personeller Aufwand, der sich im Preis niederschlagen muss. Und ob sie es glauben, oder nicht_ Das ist für jeden Kunden nachvollziehbar. Mehr personelle Leistung und Übertragung der Verantwortung = Rundum-Sorglos-Paket mit Aufpreis. Viel Eigeninitiative und Online-Bestellung = günstiger Preis. So einfach ist das.

Baustoff-Partner: Was versprechen Sie sich von der strategischen Neuaufstellung?Schriefer: Natürlich sind Läden – gerade, wenn sie dann auch noch in so hochwertiger Ausstattung daher kommen wie der Türenheld-Store – erst einmal teurer und erfordern einiges an Investition. Aber die Chancen und Perspektiven, die sich auftun, sind nicht zu unterschätzen. Die Vorteile liegen auf der Hand_ Der Bekanntheitsgrad wird gesteigert. Neue Zielgruppen werden angesprochen. Vertrauen der Kunden wächst. Schließlich wird offensichtlich, dass wir kein »Ein-Mann-Online-Laden« in irgendeinem Keller sind, sondern unser Geschäft von der Pike auf verstehen.
Doch neben dem Werbeeffekt haben auch die Kunden etwas davon_ Die persönliche Beratung mit Augenkontakt, Begleitung durch den Kaufprozess (der übrigens auch im Shop über die großflächige Terminals online erfolgt) und vor allem eben die Möglichkeit, die Produkte anzufassen und zu testen.
Dieser persönliche Kontakt wiederum ermöglicht uns ein unmittelbares Kunden-Feedback zu unseren Produkten und die daraus resultierende Chance, schneller als der Wettbewerb auf neue Trends und Anforderungen zu reagieren.

Baustoff-Partner: Was glauben Sie? Wird sich dieser Trend zum Multi-Channel-Handel im Bereich Bauelemente weiter durchsetzen?

Schriefer: Da diese neue Verknüpfung von Online mit Offline noch sehr frisch ist, wird sich in den nächsten Jahren zeigen, welche Strategien, Konzepte und Technologien sich konkret durchsetzen werden. Ich würde mir heute nicht anmaßen wollen, zu wissen, wie sich der Markt entwickelt. Dennoch denke ich, dass es wichtig ist, auch mal neue Wege einfach auszuprobieren, zu den Pionieren zu gehören, Trends zu setzen und damit die Zukunft nicht zu verschlafen. Das ist auch die Devise bei uns beim Türenheld.
Ich bin überzeugt: Der Weg zum Erfolg geht nur über eine steigende Vernetzung der beiden Absatzkanäle Online und Offline sowie ein hohes Maß an Flexibilität. Nur so können wir uns optimal den Bedürfnissen unserer Kunden anpassen. Über welchen Kanal sie letztendlich kaufen, ist mir egal. Hauptsache sie kaufen bei uns.

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