Pilotprojekt: WDVS am Denkmal bewahrt das Schöne

Die energetische Ertüchtigung einer denkmalgeschützten Fassade mit historischer Putztechnik ist eine anspruchsvolle Aufgabe, bei der es gilt, das Schöne zu bewahren und mit dem Nützlichen zu verbinden. Zum Einsatz kam als neues Wärmedämmverbundsystem (WDVS) eine Lösung aus dem Hause Keimfarben. Der Hersteller ist spezialisiert auf mineralische Putze und Mineralfarben, die dem historischen Vorbild entsprechen.

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Das Torhaus des unter Ensembleschutz stehenden und mehrere Straßenzüge umfassenden Gebäudekomplexes in der Braunschweiger Nordstadt sollte als Pilotprojekt mit einem WDV-System versehen werden. Die Putzfassaden aus den 30er-Jahren waren mit einer besonderen Kammzugtechnik gearbeitet, die es auf der Oberfläche der Wärmedämmung nachzustellen galt. Dank umfangreicher Vorplanungen, der richtigen Materialwahl, einer fachlich hochwertigen Ausführung und der guten Zusammenarbeit aller am Bau Beteiligten konnte das Projekt erfolgreich umgesetzt werden.
Im Vorfeld wurden erste Musterplatten erstellt und dem Bauherrn sowie der Denkmalschutzbehörde zur Ansicht vorgestellt. Die Putzmuster wurden großformatig und senkrecht stehend angefertigt, um die realen Bedingungen zu imitieren und die besondere Situation am Objekt widerzuspiegeln.
Durch die historisch belegte Verwendung mineralischer Putze und altbewährter Mineralfarben konnten Auftraggeber und Entscheidungsträger im ersten Durchgang für ein WDV-System aus dem Hause Keim gewonnen werden. Den Zuschlag zur Ausführung erhielt der Malerfachbetrieb Gustav Borrmann, ein regional tätiges Unternehmen mit dem erforderlichen Know-how in Sachen Wärmedämmung und handwerklichen Spezialisten für historische Putztechniken.

Kleben und Dübeln
Schon bei der Planung des Gerüstbaus wurde der Abstand des Gerüsts zur fertigen Fassade durch entsprechende Konsolen bestmöglich auf die besondere Putztechnik abgestimmt.
Zur Ausführung kam ein mineralisches WDV-System mit reduzierter Dämmstoffdicke, weil die Fenster im Bestand nicht ausgebaut und hinsichtlich der Lage im Baukörper nicht verändert wurden. Der Denkmalschutzbehörde war es ein besonderes Anliegen, das Aussehen des Gebäudes und den Charakter der Fassade trotz Dämmung zu erhalten.
So wurde auf der Straßenseite mit 40 mm dicken Mineralwolle-Lamellen, auf der Rückseite, den fensterlosen Giebelflächen und anderen untergeordneten Bereichen mit 130 mm dicken Mineralwolle-Dämmplatten in einem geklebten und gedübelten System gedämmt.
Der historische Bestandsputz wurde als tragfähiger Untergrund weitestgehend erhalten, die Wülste der Kammzugtechnik behinderten die erforderliche Dämmplattenverklebung nicht. Die Mineralwolle-Lamellen wurden vollflächig mit einer Klebebettdicke von ca. 8 bis 10 mm verklebt. Die Mineralwolle-Dämmplatten wurden zusätzlich gemäß allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung statisch relevant gedübelt.
Im Anschluss wurden die Flächen in einer Schichtdicke von ca. 4 mm mit einem mineralischen Armierungsmörtel armiert. Verwendet wurde eine Glasfaser-Gittermatte mit einer Maschenweite von 4 mm × 4 mm.

Putztechnik
Die Basis zur Nachstellung der am Objekt vorhandenen historischen Putztechnik war ein geschmeidiger, nicht zu fester Oberputz mit einer ausgewogenen Sieblinie. Dieser Putz war leicht strukturierbar und blieb in der Form scharf, ohne dabei abzusacken.
Die zweifache Beschichtung erfolgte mit einer Farbe auf Sol-Silikatbasis »KEIM Soldalit«, die ausschließlich mit lichtechten anorganischen Pigmenten hergestellt wird. Der Hersteller garantiert für seine »Klassiker« in der Fassadenbeschichtung eine 20-jährige Farbtonkonstanz an der Fassade für pigmentbedingte Farbtonveränderungen.

Schönheit, Funktion & Technik

Mit der Fertigstellung des ersten Bauabschnitts haben die Fachhandwerker ihr Können unter Beweis gestellt_ Die Flächen fügen sich in den noch ungedämmten Gebäudebestand des Ensembles ein, als hätte nur eine rein anstrichtechnische Modernisierung stattgefunden. Das Ziel, eine energetische Optimierung zu schaffen, die am Gebäude möglichst wenig ablesbar sein sollte, wurde voll und ganz erreicht.
Heute kann der Unterschied nur noch an der Farbe festgemacht werden_ hier die beiden brillanten, mineralischen Rottöne gegenüber dem verblichenen Blassgrau des Bestands.
Das klassische »Schießscharten«-Thema konnte nicht zuletzt durch die Wahl einer Dämmstärke mit Augenmaß verhindert werden.
Die frisch gedämmten Fassaden im Braunschweiger Norden beweisen, dass historische Werkstreue und schlichte Schönheit mit modernen energetischen Erfordernissen im Wohnungsbau vereinbar sind und dass Sanierungen von Bestandsgebäuden nicht zwangsläufig mit der maximalen Dämmstoffdicke ausgeführt werden müssen.

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