November 2015

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Das Handwerk entdeckt die Drohne


Beim Stichwort »Drohnen« dachten die Älteren unter uns bislang zumeist eher an negativ besetzte Themen wie Spionage oder kriegerische Auseinandersetzungen, wenn es darum ging, einen Gegner auszukundschaften oder ihm einen vernichtenden Schlag zu versetzen, ohne sich selbst bzw. »seine Leute« einer Gefahr für Leib und Leben auszusetzen.
Doch das Image der unbemannten Flugkörper hat sich gewandelt_ Für die private Nutzung erst seit wenigen Jahren auf dem Markt, entwickelten sich die kleinen Fluggeräte geradezu zu einem Massenphänomen: Mini-Flugdrohnen, in der Regel per Smartphone navigiert, ausgestattet mit Kleinstkameras und bereits für unter 200 € zu haben, finden unter dem deutschen Himmel immer mehr begeisterte »Nutzer«. Die Motivation zum Erwerb dieser eleganten Flieger ist vielfältig: während die einen damit das Bilderbuch-Urlaubspanorama aus der imposanten Vogelperspektive filmen oder fotografieren, lassen sie sportlich Ambitionierte als Verfolgerkameras bei halsbrecherischen Bike-Touren durchs Gelände hinter sich her jagen.
Wer jetzt denkt, die Mini-Drohnen seien eher »Kinderkram« oder etwas für den narzisstisch veranlagten Freizeitaktivisten, der die Selbstdarstellung aus allen Perspektiven für sein übersteigertes Ego benötigt, der irrt gewaltig. Denn auch für »seriöse« Zwecke kommen die preiswerten Flieger immer häufiger zum Einsatz, beispielsweise wenn es darum geht, beim Immobilienverkauf sein Haus von allen Seiten herzuzeigen.
Auch das Handwerk hat mittlerweile die unbemannten Flugsysteme für sich entdeckt. Geht es nach Norman Hallermann, Diplom-Bauingenieur und Wissenschaftler an der Bauhaus-Universität zu Weimar, werden Zimmerer und Dachdecker künftig verstärkt auf die Unterstützung von unbemannten Flugsystemen setzen. Auf der kommenden DACH+HOLZ International, die vom 2. bis 5. Februar 2016 in Stuttgart zum Hot Spot des Dach- und Holzbaus wird, werden die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der fliegenden Helfer und die damit verbundenen Erleichterungen für den Dach- und Holzbau in einer Sonderschau vorgestellt.
Dennoch würden die Drohnen die Expertise der Fachleute in Zukunft keineswegs ersetzen, beruhigt der Wissenschaftler. Aber sie können und werden deren Arbeit entscheidend erleichtern. Hallermann beschäftigt sich seit einigen Jahren mit den fliegenden Mini-Robotern und ihren Einsatzmöglichkeiten. Gemeinsam mit einem der führenden Hersteller und Entwickler professioneller unbemannter Flugsysteme hat er in einem Forschungsprojekt eine Drohne speziell für die Inspektion von Bauwerken, unter anderem für Dächer und Fassaden entwickelt. Dabei gehe es nicht darum, bisherige Arbeitsprozesse zu ersetzen oder Arbeitskräfte einzusparen, sondern neue High-Tech-Lösungen in die täglichen Arbeitsabläufe zu integrieren.
Nichts ersetze dabei aber das menschliche Auge und die Erfahrung des Bau-Profis vollständig. Ziel sei es vielmehr, neue technische Möglichkeiten und praktische Lösungen für die Branche aufzuzeigen. »Viele Bauwerke sind nur schwer zugänglich. Drohnen erleichtern Inspektionen und reduzieren deren Aufwand erheblich«, weiß der Forscher. Erste Begutachtungen können mittels Drohnen erledigt werden, da sie mit hochauflösenden Foto-, Video- oder Infrarotkameras detaillierte Aufnahmen von Dächern und Fassaden liefern. Die Digitalisierung macht auch vor den Dachdeckern nicht Halt, und so befassen sie sich zunehmend mit dem Einsatz von Drohnen, weiß auch Karl-Heinz Schneider, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks. Für den Dachdecker bedeute die Technologie mehr Sicherheit, Flexibilität, eine aktuelle Datenlage sowie Zeit- und Kostenersparnis_ Was früher gut und gern mal zwei bis drei Tage dauerte, erledigt die Drohne in zwei bis drei Stunden. Die Drohnen seien mittlerweile »weit über das Spiele-Stadium hinaus«, so Schneider – und haben sich somit zu einem verlässlichen Helfer am Bau entwickelt.

Herzliche Grüße,

Gerd Rottstegge
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