Die Baubranche steckt in der Krise: Steigende Kosten, Bürokratie und mangelnde Planungssicherheit bremsen viele Unternehmen aus. Doch davon ist bei Naturbo wenig zu spüren. Beim Hersteller von Lehmputz-Trockenbausystemen aus dem Allgäu brummt das Geschäft: »Es läuft sensationell gut«, berichtet Geschäftsführer Andreas Tanner. Ein sichtbares Zeichen dafür ist u. a. die kürzlich neu gebaute Halle mit 3 200 m² Produktionsfläche in Görisried.
Millionenschwere Investition
Nachdem die alte Produktionshalle zu klein geworden war, musste eine neue, größere her. Rund 6 Mio. Euro sind für Hallenneubau, Maschinen, Vermarktung und neue Produkte veranschlagt. Das Bayerische Wirtschaftsministerium fördert das Vorhaben mit 1,25 Mio. Euro. Mit der neuen Halle verdoppelt Naturbo seine Produktionsfläche und versechsfacht zeitgleich seine Trocknungskapazitäten auf rund 3 000 Platten pro Tag, berichtet Geschäftsführer Andreas Tanner. Produziert werden Lehmbauplatten, Wand- und Deckenheizungssysteme sowie Innendämmungen. Doch bis zu diesem Punkt war es ein weiter Weg: Alles begann 2007, zunächst noch im heimischen Backofen von Florian Schleich. Der Zimmermann, Baubiologe und Tüftler hatte die Vision, Lehmputz für den Holzbau zu erschließen – einfach montiert und ohne lange Trockenzeiten. Damit legte er den Grundstein für den heutigen Erfolg. Wenig später stieß dann Andreas Tanner als Marketingfachmann hinzu. Nach schwierigen Zeiten und dem Tod von Florian Schleich stiegen 2018 Andreas und Michael Weihele beim Unternehmen als Geschäftsführer mit ein. Seitdem geht es mit dem Unternehmen stetig bergauf, so Andreas Tanner. Mittlerweile beschäftigt Naturbo 28 Personen. 2024 konnte das Unternehmen 3,2 Mio. Euro Umsatz erwirtschaften. Und das Geschäft ist auch 2025 gut angelaufen: In den ersten vier Monaten des Jahres konnte Naturbo im Vergleich zum Vorjahreszeitraum erneut einen deutlichen Zuwachs verzeichnen, berichtet Geschäftsführer Andreas Tanner.
In den Anfangszeiten des Unternehmens sah das noch etwas anders aus: Damals waren Tanner zufolge Lehmputz-Platten oder Wand- und Deckenheizungen absolute Nischenprodukte. »Aber das hat sich geändert.« Der Grund dafür: Am Markt findet ein Umdenken statt – ökologisches Denken rückt immer mehr in den Fokus der Branche, so Tanner. Spätestens seit der Energiekrise werden ökologische und nachhaltige Systeme immer stärker nachgefragt. Hier sieht sich das Allgäuer Unternehmen gut aufgestellt: Denn für Naturbo ist Nachhaltigkeit nicht nur ein Marketingbegriff. »Ökologie und Nachhaltigkeit sind für uns eine Grundvoraussetzung«, erklärt Tanner. »Das hat uns in der Vergangenheit getragen und das wird uns auch in der Zukunft tragen.«
Multitalent Lehm
Das Lehmputz-Trockenbau-System des Allgäuer Unternehmens besteht aus Lehmbauplatten mit Sandwich-Aufbau. Sie sind optional auch mit einer wassergeführten Wand- und Deckenheizung bzw. -kühlung oder als Innendämmung verfügbar. Die Platten bestehen fast vollständig aus ökologischen Materialien. Der Vorteil von Lehm gegenüber anderen Materialien: Er ist ein natürlicher, vollständig recyclebarer Baustoff, dessen Gewinnung und Verarbeitung kaum Energie verbraucht. Der diffusionsoffene Lehmputz sorgt laut Naturbo zudem für ein ausgeglichenes Raumklima, absorbiert Schadstoffe sowie Gerüche und reguliert die Luftfeuchte. Doch auch in Bezug auf die Kosten sei das Produkt interessant, erklärt Tanner. Die Kombination aus Lehmputz und Holzweichfaserplatte bietet einen hohen Wärmeschutz und trägt so zur Reduzierung von Heizkosten bei. Das besondere an den Produkten: Dank des vorgefertigten Systems klappt die Montage schnell und einfach. Die Lehmbauplatten werden – abgesehen vom weißen Lehm-Finishputz – mit allen notwendigen Lehmputz-Schichten ausgeliefert. Es müssen nur noch die Fugen und Flachkanten verspachtelt werden. Durch die geringe Trocknungszeit sind die Gebäude innerhalb von drei Tagen bezugsfertig. »Ich sage immer, es ist ein Produkt, das die Welt braucht, auch wenn es die Welt noch nicht weiß«, meint Andreas Tanner.
Doch nicht nur bei den Produkten setzt das Unternehmen auf Nachhaltigkeit: Die neue Halle ist beispielsweise mit PV-Anlagen ausgestattet, die den Energiebedarf der Produktion vollständig decken,
so Andreas Tanner.
Ökologie bezahlbar machen
Für die Zukunft gibt es bei Naturbo eine klare Vision: die Förderung von ökointelligentem Bauen und Sanieren. »Dabei steht ökointelligent nicht nur für ökologisch, sondern in gleichem Maß auch für ökonomisch. Wir wollen zeigen, dass ökologisches Bauen nicht teuer sein muss. Wir möchten, dass es allen Baufamilien zur Verfügung steht«, betonen die beiden Geschäftsführer Andreas Tanner und Michael Weihele.
Durch Automatisierung und effiziente Produktion will Naturbo Ökologie bezahlbar machen. Denn der Vorteil konventioneller Baustoffe wie Gips liege derzeit im hohen Grad der Automatisierung bei der Produktion, wodurch sie häufig günstiger seien als ökologische Alternativen. »Da wollen wir auch hin«, so Tanner. Dafür werden sowohl die bestehenden Produkte als auch die Produktionsprozesse ständig weiterentwickelt.
Drei neue Produkte entwickelt
Die nächsten Highlights stehen schon in den Startlöchern: Naturbo hat nicht nur seine Produktionskapazitäten erhöht, sondern auch drei neue Platten entwickelt. Dabei handelt es sich um seriell gefertigte Großformatplatten mit Installationsebene, eine Brandschutzplatte mit Lehm und eine CO₂-negative Lehmbauplatte.
Der Vertriebsschwerpunkt von Naturbo liegt laut Andreas Tanner derzeit auf dem deutschsprachigen Raum. Zwar würde das Unternehmen immer mal wieder Lehmputz-Platten ins Ausland verkaufen, doch das sei eher die Ausnahme. »Das ist auch nicht unser Fokus«, sagt Tanner. Der deutschsprachige Markt sei derzeit groß genug, um vorerst weiter wachsen zu können. Und hier sieht der Naturbo-Geschäftsführer noch eine Menge Potenzial.