Europäischer EPD-Austausch durch ECO-Platform - Barrieren abbauen und Weichen stellen

EPD – diese drei Buchstaben stehen in engem Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit von Gebäuden.

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EPDs (Environmental Product Declarations, zu Deutsch_ Umweltproduktdeklarationen) beschreiben die Umweltwirkungen von Bauprodukten vom Herstellungsprozess bis zum Nutzungsende und dienen als Informationsgrundlage für Gebäudebewertungssysteme (z.B. BNB oder DGNB). Am 4. Juni dieses Jahres erfolgte die Gründung der »ECO-Platform« mit Sitz in Brüssel. Das Institut Bauen und Umwelt e.V. (IBU) ist ein branchenunabhängiger Programmhalter für ­EPDs in Deutschland und gehört zu den Gründungsmitgliedern – ebenso wie die EPD-Programmhalter aus Schweden, Norwegen, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Polen, Portugal, Slowenien und den Niederlanden. Der europäische Baustoffverband CPE (ehem. CEPMC) ist zudem mit einer Stimme vertreten.

Wir wollten wissen, was es mit der »ECO-Platform« auf sich hat und sprachen hierzu mit drei Experten_ Mit Dr. Burkhart Lehmann, dem neuen Geschäftsführer des IBU, mit Dr. Eva Schmincke, der Leiterin der Produktsektion CEN/TC 350, und mit Christian ­Donath, dem Managing Director der ECO-Platform.Baustoff-Partner:
Herr Dr. ­Lehmann, Umweltproduktdeklarationen gewinnen immer mehr an Bedeutung, was auch an der Gründung der ECO-Platform deutlich wird. Woran liegt das?


Dr. Burkhart Lehmann_ Weltweit werden die Ressourcen immer knapper. Das betrifft vor allem das Öl, aber auch andere wichtige Rohstoffe. Wir werden künftig noch bewusster mit den Ressourcen und der Umwelt umgehen müssen. Es gilt, die jeweiligen Umweltwirkungen und Ressourcenverbräuche zunächst sichtbar zu machen. Nur dann können wir dazulernen und besser werden. In ­EPDs werden die wichtigen Informationen zu Verbräuchen und Umweltwirkungen gegeben, ohne dass das Produkt bewertet wird. Das ist bei Bauprodukten ohne Berücksichtigung der Nutzung auch nicht möglich. Bauprodukte sind da genauer zu betrachten.

Baustoff-Partner: Was ist denn an Bauprodukten anders?

Lehmann_ Anders als die meisten Produkte werden Bauprodukte im Zusammenspiel mit vielen anderen Baustoffen in Gebäuden eingesetzt. Eine objektive Bewertung in Bezug auf die Nachhaltigkeit kann nur auf der Gebäudeebene erfolgen. Sie berücksichtigt sowohl die Produktion der Ausgangsstoffe als auch die verschiedensten Wirkungen der Produkte im Laufe der Nutzungszeit innerhalb des Gebäudekontextes sowie die Verwendung bzw. Verwertung der Stoffe nach Nutzungsende. Für eine solche Bewertung braucht man glaubwürdige und korrekte, also belegte Daten. Die liefert die jeweilige EPD.Baustoff-Partner: Herr Donath, im Juni wurde die »ECO-Platform« gegründet. Wozu ist sie nötig?

Christian Donath_ Hintergrund ist, dass die Produkte europaweit tätiger Baustoffhersteller mit ihren nationalen EPDs nicht auf anderen Märkten anerkannt werden. Daher müssen die Produzenten viele EPDs mit ähnlichem Inhalt vorhalten. Mit der gemeinsamen Plattform soll gewissermaßen ein Dach über die verschiedenen nationalen EPD-Programmhalter gespannt werden. Mit der ECO-Platform werden Barrieren abgebaut und die Weichen gestellt für eine gegenseitige Anerkennung einer europäischen Kern-EPD (European Core EPD) auf Basis der EN 15804 durch die jeweiligen nationalen EPD-Programmbetreiber.

Baustoff-Partner: Wer ist an der ECO-Platform beteiligt und welche Vorteile bietet sie?

Donath_ Zunächst bringt die ECO-Platform die verschiedenen existierenden nationalen EPD-Programme zusammen. Dadurch kann man sich in Zukunft auf eine einheitliche Umsetzung der EPDs auf Basis der bestehenden europäischen und internationalen Normen verständigen. Die EPD-Programme sprechen also mit einer Stimme. Neben den Programmhaltern sind verschiedene europäische Baustoff-Verbände, Green Building Councils bzw. Betreiber von Gebäudezertifizierungssystemen und Anbieter von Ökobilanzen Mitglieder. Alle nehmen aktiv in Arbeitsgruppen an der Gestaltung der Inhalte teil. Durch die Einbindung der Baustoff-Verbände ist sichergestellt, dass produktspezifisches Wissen und die Bedarfe der Industrie berücksichtigt werden.

Green Building Councils und vor allem Nachhaltigkeitszertifizierungssysteme stützen sich in ihren Gebäude- bzw. Produktbewertungen zunehmend auf Informationen aus EPDs. Ökobilanzierer bringen praktische Erfahrungen aus der Umsetzung und Erstellung von ­EPDs mit ein.

Wichtig ist darüber hinaus der enge Kontakt zu der europäischen Kommission, zu CEN und vor allem zu den Produkt TCs. Für die Kommunikation gibt es eine eigene Arbeitsgruppe.

Baustoff-Partner: Herr Lehmann, was hat das IBU bewogen, ECO-Platform Gründungsmitglied zu werden?

Lehmann_ Wir haben schon sehr früh die Notwendigkeit erkannt, uns mit den EPD-Programmhaltern in Europa auszutauschen und über Kooperationen zu sprechen. Deshalb haben wir den Gründungsprozess der ECO-Platform von Anfang an unterstützt und uns finanziell und personell daran beteiligt. Durch die drei Arbeitsgruppen bzw. Working Groups (WG) der Plattform kann die Harmonisierung effektiv vorangetrieben werden. Themenschwerpunkte der WG sind_ technische Aspekte, Qualität und Verifizierung sowie Administration und Kommunikation.

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