(Noch) wenige Wolken am Konjunkturhimmel
Als »Sommerhoch« bezeichnete der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie die Situation am Bau in der Mitte des Jahres. Der Umsatz im Bauhauptgewerbe stieg im Juli im Vergleich zum Vorjahresmonat um 6,2 %, und die Unternehmen nutzten die Sommermonate, um ihre hohen Auftragsbestände abzuarbeiten. Somit hat sich die Einschätzung bestätigt, dass das hohe Niveau anhält. Die Umsatzprognose für das Gesamtjahr von + 4 % scheint daher realistisch, auch wenn sich zum Herbst hin der Anstieg der Baunachfrage ein wenig verlangsamte. Weiterhin ist diese komfortable Situation in erster Linie dem florierenden Wohnungsbau geschuldet, der im Juli sowohl beim Auftragseingang (+ 8,1 %) als auch beim baugewerblichen Umsatz (+ 11,7 %) die höchsten Wachstumsraten vorweisen konnte.
Um weiter im meteorologischen Bild zu bleiben_ Auch der Herbst ist für die Branche ein goldener. So kehrten die deutschen Fliesenwerke mit einem durchweg positiven Fazit heim von der Weltfliesenmesse in Bologna. Auch wenn die Besucherzahlen aus Italien selbst in diesem Jahr rückläufig waren – stark war indes die Präsenz der Fachleute aus Deutschland, den USA und Teilen Asiens, so der Eindruck der deutschen Aussteller. Die positive Baukonjunktur wirkt sich auch auf den deutschen Fliesenfachhandel aus. Der Branchenverband in Berlin sieht für das laufende Jahr ein Absatzvolumen von 120-122 Mio. m2 bei keramischen Fliesen. Natürlich noch weit entfernt vom Allzeithoch Mitte der 1990er Jahre, ist dennoch ein deutlicher Aufwärtstrend erkennbar.
Zwischenbilanz zogen in diesen Tagen auch die führenden Verbände der Fenster- und Türenbranche: Der Fensterabsatz in Deutschland steigt 2012 nach aktuellen Einschätzungen um rund 3,4 %. Im Laufe des Jahres konnten demnach rund 13,3 Millionen Fenstereinheiten in der Bundesrepublik vermarktet werden. Auch für 2013 ist laut Hochrechnung mit einem ordentlichen Anstieg auf ca. 13,7 Millionen Einheiten zu rechnen, was einem prozentualen Zuwachs von rund 2,8 % entspräche. Der Absatz von Außentüren entwickelte sich ebenfalls positiv und kann in 2012 um 3,6 % auf 1,325 Mio. gesteigert werden. Trotz der gefühlten leichten Konjunkturabkühlung geht die Glas- und Fensterbranche davon aus, dass in 2013 die steigenden Bautätigkeiten dem Fenster- und Außentürenmarkt ein moderates und stabiles Wachstum ermöglichen.
Nach einem Plus von 7,8 % im Gesamtjahr 2011 konnte auch die deutsche Holzindustrie ihren Umsatzzuwachs im ersten Halbjahr weiter ausbauen. Die Umsätze stiegen um 2,8 % auf 16,5 Mrd. €. Dabei legten die Erlöse der Parkettproduzenten im ersten Halbjahr deutlich um 7,9 % auf 155 Mio. € zu.
Einem sommerlichen Hoch folgte ein goldenen Herbst. Da es »Wintermärchen« auf dem Bau naturgemäß eher seltener gibt, bleibt nach einer – hoffentlich kurzen – Winterpause auf ein Frühlingserwachen zu hoffen. Mit großer Spannung erwartet die Branche daher die BAU im Januar – dann wird München abermals zum internationalen Treffpunkt der Bauschaffenden. Und dieses Top-Ereignis war bisher stets dafür geeignet, nachhaltige Impulse für die Folgemonate auszustrahlen. Das wird die Branche auch wohl gut gebrauchen können, denn in diesen Tagen äußerten die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten, dass Deutschland in den Sog der Eurokrise gerate und die Wirtschaft im nächsten Jahr nur noch halb so schnell wachse wie bisher erwartet.
Gerd Rottstegge