März 2018

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Der Bau ist besser als sein Ruf


Es ist ein wenig wie im Film »Und täglich grüßt das Murmeltier«: Bill Murray erlebt als Wetteransager Phil Connors ein und denselben Tag in einer Endlosschleife – und zwar den Murmeltiertag, über den er für seine Fernsehstation berichten soll. Nach jedem Aufstehen wiederholt sich exakt das, was sich bereits am Vortag ereignet hat.
Ein ähnliches Gefühl schleicht sich ein, wenn im Redaktionspostfach die Berichte und Statements eintrudeln zur gleichbleibend hohen Konjunktur bei den baunahen Gewerken, zur anhaltend guten Auftragslage bei Handwerksbetrieben, zum ebenso anhaltenden Fachkräftemangel und den damit einhergehenden steigenden Wartezeiten bei Kunden und Auftraggebern.

Wie wohltuend, wenn sich da auch mal was Ungewöhnliches tut – wie im Fall des Glasers Sterz aus der Nähe von Cuxhaven, der einen ganz besonderen Weg gewählt hat, um zwei freie Lehrstellen feilzubieten. In einem Video, gepostet auf Facebook, lässt er zunächst eine Glasscheibe fallen, um sich dann an den fehlenden Nachwuchs zu wenden mit einem Anliegen und einem verlockenden Angebot_ Wer bei ihm als Auszubildender einsteigt, bekommt den Führerschein mitfinanziert, ein Gehalt über Tarif und bei guten Noten noch einen Bonus obendrauf. Die Fahrtkosten zur Berufsschule übernimmt der Betrieb auch.

Not macht eben erfinderisch, und solche kreativen Ideen sind gefragt, wenn es darum geht, freie Stellen schnell zu besetzen. Laut Bundesagentur für Arbeit bleiben offene Stellen für Klempner-, Sanitär- und Heizungsfachleute im Durchschnitt etwa 165 Tage unbesetzt, eine Steigerung von 15 Tagen im Vergleich zum Vorjahr. Bei Glasern und Rollladenbauern dauert die Suche durchschnittlich 156 Tage. Glaser Sterz kann immerhin als Erfolg vermelden, dass mehr als 3 Millionen Menschen sein Video geklickt haben, 7 000 haben es kommentiert und von immerhin 34 Interessenten liegen Bewerbungen auf seinem Tisch. Da werden sich die beiden Ausbildungsplätze wohl besetzen lassen...

Auch der Zentralverband Deutsches Baugewerbe sieht Licht am Ende des Tunnels_ Zum Stichtag am 31. Dezember waren knapp 37 000 junge Menschen in einer Ausbildung am Bau, davon hatten 12 709 ihre Ausbildung begonnen. Das entspricht einem Plus von 7,4 %, »dem stärksten Anstieg seit 1994«, sagt Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa.

Ist das also die Trendwende? Wohl eher nicht. Gefragt sind vielmehr weiterhin originelle Ideen, die das Image der Baubranche heben und junge Leute für eine berufliche Laufbahn auf dem Bau begeistern können. Ein Weg ist sicherlich, von dem Geld, das derzeit verdient wird, dem Nachwuchs als Anreiz einen Teil davon
anzubieten. So entkommt im Film auch der Wetter-Mann seinem Dauerschleifen-Schicksal: Er ändert sich grundlegend und gewinnt so das Vertrauen seiner Mitmenschen jeden Tag aufs Neue.

In diesem Sinne_ Angenehme Lektüre!

Herzlichst,
Jan Rieken
[1]
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