Juni 2015

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Fliesenmarkt in Bewegung


Mit dem deutschen Fliesenmarkt geht es aufwärts. Im vergangenen Jahr wuchs der Absatz der keramischen Belagsmaterialien nach Angaben des Industrieverbandes Keramische Fliesen und Platten um mehr als vier Prozent im Vergleich zu 2013. Die verkaufte Menge belief sich auf insgesamt über 120 Mio. Quadratmeter, und für das laufende Jahr rechnet der Verband mit einem zumindest gleichbleibenden Absatz.
Noch optimistischer sind da die Einschätzungen des Handels. Wie der Bundesverband des Deutschen Fliesenfachhandels (VDF) mitteilt, sind die Fachhändler mit dem Jahr 2014 »trotz einiger Dellen« zufrieden. Für 2015 gehen sie von einem Absatz von mehr als 125 Mio. Quadratmetern Fliesen aus. Einen »Sprung« über die 130 Mio. Quadratmeter-Marke halten einige Branchenexperten für unwahrscheinlich, da es ihrer Meinung nach hierzulande mittlerweile zu wenige qualifizierte Fliesenleger gibt, die diese Menge verlegen könnten. Die Baubranche – und somit auch das Fliesenlegerhandwerk – leiden seit Jahren unter einem eklatanten Nachwuchs- bzw. Fachkräftemangel. Ein mittlerweile sehr großer Teil – Schätzungen sprechen von mehr als einem Viertel – der in Deutschland tätigen Fliesenlegerbetriebe sind »osteuropäischer Provenienz«, und »wie viele von denen gelernte Frisöre sind, wissen wir dann auch noch nicht«, so die neulich vernommene Äußerung auf einem Pressemeeting. Wenngleich diese Formulierung ein wenig salopp daherkam, so zielte sie jedoch auf den durchaus ernsten Kern dieser Problematik, die uns auch in den kommenden Jahren weiter beschäftigen wird. Offen bleibt dann allerdings noch die Frage, wer denn in den Boom-Jahren nach der Wiedervereinigung Mitte der 90er die fast 200 Mio. Quadratmeter Fliesen verarbeitet hat.
Tatsache ist_ Handwerkerqualifikationen nehmen hierzulande in den Gewerken ohne Meisterzwang drastisch ab, der Migrationsanteil gleichzeitig deutlich zu. Fakt ist aber auch_ Die positive Konjunkturentwicklung ist weiter in voller Fahrt, der starke Anstieg im Wohnungsbau der letzten Jahre bleibt mittelfristig auf hohem Niveau, wobei sich die Marktentwicklung im Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser tendenziell abschwächen wird. Es ist der Mehrfamilienhausbau, der aktuell das Wachstum dominiert.
Zurück zur positiven Entwicklung, die zurzeit bei der Fliese zu beobachten ist. Der Verband der deutschen Fliesenhersteller nennt als Ursache hierfür ihre gestiegene Beliebtheit bei den Verbrauchern im Vergleich zu den Wettbewerbsmaterialien_ So haben seit 2010 beispielsweise Teppichböden gut 22 Prozent und Laminat 13 Prozent an Absatz verloren, die keramische Fliese hingegen 10 Prozent hinzu gewonnen. Zuzuschreiben sei dieser Erfolg maßgeblich auch der Imagekampagne »pro Fliese«, die dem keramischen Belagsmaterial bei Architekten, Planern und Verbrauchern ein positiveres Image verschafft habe. Den Ergebnissen einer großflächig durchgeführten Marktstudie zufolge hat sich der Einsatz keramischer Fliesen im Wohnbereich in den vergangenen Jahren mehr als verdoppelt. Davon konnten die deutschen Fliesenwerke allerdings nur in bescheidenem Rahmen profitieren. Es waren vornehmlich die ausländischen Hersteller, die ihre Marktanteile auf dem deutschen Markt auszubauten. In der Menge legten diese insgesamt um 11,4 Prozent zu, während deutsche Hersteller lediglich ein Mehr von knapp einem Prozent verzeichnen konnten. In diesem Zusammenhang sollte man sich jedoch vor Augen halten, dass das Plus ausländischer Hersteller zu knapp einem Viertel auf Zukäufe der deutschen Industrie zurückzuführen ist.
Der deutsche wie auch europäische Fliesenmarkt bleibt in Bewegung. Die Marktverhältnisse haben sich in den letzten zehn Jahren deutlich verschoben_ Insgesamt halten die deutschen Hersteller aktuell 27 Prozent auf ihrem Heimmarkt, im Jahre 2005 waren das noch 29 Prozent. Die Italiener kommen auf 37 Prozent (2005: 44 Prozent), die Tschechen, Spanier, Türken, Chinesen und Polen jeweils auf 5 bzw. 6 Prozent. Marktanteile sind vor allem an die Länder China, Polen und die Tschechische Republik verloren gegangen.

Herzliche Grüße

Gerd Rottstegge
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