Dezember 2017 / Januar 2018

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Zu viel Regelung und zu wenig Regierung


Wie lebt es sich in einem Land, das offensichtlich niemand regieren will? Diese Frage stellt sich angesichts der Tatsache, dass nach einem unwürdig langen Hin und Her die Gesprächspartner der Jamaika-farbenen Parteien die Gespräche haben platzen lassen und so keine Regierung zustande gebracht haben. Jetzt geht das zähe Ringen erst einmal weiter, mit anderen Gesprächspartnern, mit weniger Geschnatter und Gezwitscher und hoffentlich mehr Gemeinsamkeiten. Die Parteien sollten sich bewusstmachen, dass es bei den Sondierungen nicht darum geht, mit dem politischen Gegner zu fusionieren, sondern gemeinsame Ziele zu entwickeln für ein Land, das – damit es ihm weiterhin gut geht – eine stabile und verlässliche Regierung braucht.

Die Forderungen danach werden lauter, insbesondere aus der Wirtschaft. Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des deutschen Handwerks (ZDH), forderte im Handelsblatt eine Politik, die mehr können solle als nur Geldverteilen. »Das Handwerk erwartet von einer Großen Koalition, dass sie Zukunft mit Mut gestaltet und zukunftsorientierte Entscheidungen (...) trifft.« Als entscheidende Themenfelder nennt er Bildung, Digitalisierung, Mobilität und Energie. Dies sei mit einem »Weiter-so« der sozialpolitischen Verteilungspolitik nicht möglich, so der ZDH-Präsident. »Geldverteilen ist kein Modernisierungskonzept«, sagte Wollseifer mit dem Hinweis, dass das Handwerk schnell eine handlungsfähige Regierung brauche, »aber keine Große Koalition um jeden Peis«.

Für die Bundesvereinigung Bauwirtschaft gibt es in Deutschland »drei große Baustellen, an denen die Politik im Interesse von Arbeitsplätzen und Wohlstand am dringendsten arbeiten muss«, sagte deren Vorsitzender Karl-Heinz Schneider auf dem Tag der Deutschen Bauwirtschaft in Berlin_ Wohnungsbau, öffentliche Infrastruktur und die Rahmenbedingungen für Unternehmer aus der Bauwirtschaft. »Die Wohnungsnot ist hausgemacht!«, stellte er fest. Abhilfe könne keine Mietpreisbremse schaffen, sondern nur kostengünstigeres Bauen. Die Vorschläge und Forderungen, die dazu vom Verband bereits auf dem Tisch liegen, hat Schneider um einen zentralen Punkt ergänzt: »Wir müssen endlich über Standards und technische Anforderungen nachdenken, die wir an den Wohnungsneubau stellen«, forderte er mit Blick auf die derzeit gültige EnEV und warnte davor, diese weiter zu verschärfen. Für das Erreichen von Klimazielen ist mehr Modernisierung gefragt – und damit das gelingt, müsse die Politik nach vielen erfolglosen Versuchen endlich die Modernisierung steuerlich fördern.

Gleichzeitig müsse die Politik demografischen Wandel und Fachkräftemangel im Auge behalten und dafür sorgen, dass es eine Abkehr von der »Akademisierung« gebe. »Es ist ein Irrglaube, dass ein schlechter Akademiker besser sei als ein guter Handwerker«, sagte Schneider. Auch die Abschaffung der Meisterpflicht müsse man neu überdenken, forderte er auf der Veranstaltung, an der auch EU-Kommissar Günther Oettinger und FDP-Chef Christian Lindner teilnahmen.

Die Liste der Wünsche ließe sich endlos fortsetzen – Wunschzettel haben ja im Moment auch durchaus Saison. Ihnen, liebe Leser, legen wir diese Ausgabe quasi unter den Weihnachtsbaum. Das gesamte baustoffPARTNER-Team wünscht ein frohes Fest und einen guten Start in ein erfolgreiches Jahr 2018, das gleich mit großem Schwung startet_ Mit Messen wie Domotex, R + T,
Dach + Holz sowie fensterbau frontale. Was bei diesen Branchen-Highlights beschert wird, lesen Sie in unseren nächsten Ausgaben.

Herzlichst
Jan Rieken
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