Von Jan Rieken
Jörg Stengel, Inhaber der gleichnamigen Holzbaufirma in Remchingen-Singen, baut im gleichen Ortsteil derzeit ein Haus mit insgesamt sechs Wohneinheiten. Barrierefrei soll es sein, um den Ansprüchen an Komfort bei jungen Familien ebenso gerecht zu werden wie der gebotenen Barrierefreiheit für ältere Hausbewohner. Der Ort ist bei Pendlern beliebt, denn nach Karlsruhe gibt es eine schnelle S-Bahn-Verbindung, und nach Stuttgart und Pforzheim fahren Regionalbahnen mit ebenfalls kurzen Taktzeiten.
Der Profession des Bauherren entsprechend entsteht das Gebäude, an dessen Stelle früher ein Bauernhaus stand, in Holzbauweise. Lediglich das Fundament mit Tiefgarage und Einliegerwohnungen ist aus Beton. »Den Rest baue ich aus Holz, um die Wertschöpfung im eigenen Haus zu halten«, sagt der Bauherr. Er hat erst kürzlich eine große Halle gebaut, um darin Holzwände für die Bauprojekte – die eigenen und die seiner Kunden – selbst herzustellen und vormontiert zur Baustelle zu liefern.
Von Holzfertigwänden ist an diesem Freitagmorgen am Rohbau noch nichts zu sehen_ Die Keller-Deckelplatte ist errichtet, die Wände kommen erst später dran. Vorher soll der Aufzugsschacht errichtet werden, der für eine barrierefreie Verbindung zwischen Keller und zweitem Obergeschoss sorgen wird. »Mit den Einkäufen oder dem Kinderwagen ebenerdig von der Tiefgarage in die Wohnung zu kommen, ist heutzutage enorm wichtig«, weiß Stengel. Und der Erfolg gibt ihm Recht_ Von den sechs Wohnungen, die hier entstehen, sind vier bereits verkauft.
Mit insgesamt vier Mann ist er auf der Baustelle und hat alles perfekt vorbereitet_ Der mobile Autokran ist einsatzbereit, das Gerüst rund um die Schacht-Aussparung steht und die erste Lage Mörtel im Keller ist bereits verteilt. Das erste Teil könnte also bereits gesetzt werden.
Ebenfalls vor Ort_ Dominik Hieber, Juniorchef des Betonfertigteile-Herstellers und Produktmanager für die Fahrstuhl-Fertigschächte. Ihn begleitet Rolf Kallabis, der in der Region Südwest als Verkäufer unterwegs ist.Systemteile werden auf drei Lkws angeliefert
Auch der erste Lkw mit zwei von insgesamt vier Fertigteilen hat den engen Weg ins Wohngebiet gefunden und steht jetzt parat. Schnell stellt Dominik Hieber fest_ Die Lkw haben die Baustelle in der falschen Reihenfolge angefahren. Der Subunternehmer hatte den Hinweis auf dem Lieferschein, der die Reihenfolge regelt, schlicht nicht verstanden. Auf dem Wagen, der zuerst ankommen sollte, sind außer den beiden ersten Maß-Elementen auch die Befestigungsschlaufen, ohne die der mobile Kran die anderen Teile nicht abladen kann. Insgesamt sind für die Lieferung drei Lkws im Einsatz, denn auch die Treppen für seinen Neubau hat der Bauherr aus dem Fertigteil-Sortiment von Hieber bestellt.
Wenn möglich begleitet Dominik Hieber in der Anfangsphase Auslieferung und Einbau des Fertigschacht-Systems. »Wir haben bislang dieses System insgesamt gut ein Dutzendmal verkauft. Da gibt es dann noch nicht so viele erfahrene Leute«, sagt er. Seine Mission_ Die Qualität auf der Baustelle und bei den internen Abläufen zu sichern.
Die kleine Verspätung tut dem zügigen Baufortschritt keinen Abbruch_ Bei strahlend blauem Himmel wird der erste Sattelzug entladen. Die Fertigteile werden mit einschraubbaren Kranschlingen versehen, dann hebt der Kran sie vom Anhänger, setzt sie ab und richtet sie durch eine Drehung um 90 Grad auf – und schon schweben die Fertigteile durch die Luft, um von oben in die Aussparung für den Schacht eingesetzt zu werden. Zwischen acht und zehn Tonnen wiegt jedes Element – eine Last, die der Kran spielerisch zu meistern scheint.
Perfekte Vorbereitung auf der Baustelle
»Der Bauherr hat alles perfekt vorbereitet«, lobt Hieber, als nach wenigen Minuten das erste Element eingebaut ist. Kaum ein Nachjustieren war nötig, alles steht exakt und plan im Wasser. Ein Garant für den präzisen Einbau ist aber auch die Genauigkeit, mit der die Teile im Hieber-Werk individuell auf Maß gefertigt werden. »Wir können das in unserer Produktion exakter und dabei auch noch günstiger hinbekommen, als es jemals mit einer Schalung möglich wäre«, erklärt Hieber.
Inzwischen hängt Element Nummer zwei am Haken. Der Juniorchef, gelernter Maurermeister und kurz vor seinem Studienabschluss als Bauingenieur, sieht mit Leuchtjacke, Sicherheitsschuhen und
-hose nicht nur aus wie einer vom Bau, sondern langt auch gleich entsprechend hin, wo es nötig ist_ Sofort steht er dem Bauherren mit dem Mörtelkübel zur Seite und zieht Fugen. Für Stabilität zwischen den einzelnen Elementen sorgen zudem verschraubte Gewindestangen an den Ecken des jeweils einschwebenden Segments, die dann in mit Mörtel gefüllte Löcher am bereits stehenden Element eintauchen.
Besserer Brandschutz und Trittschalldämmung
Während Element Nummer drei vorbereitet wird, erzählt Zimmerermeister Stengel, was ihn am Aufzugsschacht aus Fertigbeton überzeugt. »Eigentlich wäre es naheliegend gewesen, auch die Treppen und den Schacht für den Aufzug aus Holz zu bauen«, sagt er. Schließlich war es die bessere Trittschalldämmung, die ihn von dieser Überlegung abgebracht haben. Aber auch die Brandschutz-Auflagen lassen sich mit einem Treppenhaus aus Beton leichter einhalten.
Nachdem auch die Elemente drei und vier auf dieselbe Weise eingebaut sind, verschließt eine Deckelplatte den Schacht nach oben hin. Wie ein Turm ragt er nun empor und man kann nun genau sehen, welche Höhe das fertige Gebäude später einmal haben wird.
Stabil trotz freistehender Lage
Die Stabilität des Schachts ist durch die freistehende Lage nicht beeinträchtigt, auch wenn die Elemente in den meisten Einbausituationen in die Ausschnitte bereits vorhandener Bodenplatten gesetzt werden. »Wir hatten vor kurzem in Frankfurt ein Objekt, bei dem der Schacht zunächst freistehend zwischen zwei Gebäuden aufgestellt wurde. Natürlich sorgen inzwischen entsprechende Verbindungsstege für Stabilität, aber der Schacht hätte auch so einen stabilen Stand«, erläutert Dominik Hieber.
Nach nur drei Stunden Aufbauzeit ist er erleichtert, dass der verspätete Start keine negativen Auswirkungen auf das Objekt hatte.